INNdependence

Filmplakat: INNdependence

FBW-Pressetext

Während des Covid-19-Lockdowns hatten 29 wohnungslose Menschen die Möglichkeit, in einem Mainzer Businesshotel, dem „INNdependence“, unterzukommen. Sie haben diese Chance dankend angenommen, wussten aber genau, dass auch dieses Dach über dem Kopf eine zeitliche Begrenzung hat. Nach 64 Tagen mussten die Bewohner wieder ausziehen, das Hotel nahm seinen Betrieb wieder auf. Und was wird aus den Wohnungslosen? Der Filmemacher Michael Schwarz und sein Kameramann Alexander Griesser haben sich in ihrem Kurzdokumentarfilm INNDEPENDENCE diesem Thema angenommen und beleuchten die mehr als aktuelle Problematik aus einem ganz neuen und sehr relevanten Blickwinkel. Die Geschichten von Christian, Jasmin und Paul Michael stehen dabei als Einzelschicksale stellvertretend für die vielen Geschichten hinter den namenlosen Gesichtern, für die man sich als Mensch, der das Glück eines „normalen“ und geregelten Lebens hat, viel zu wenig Aufmerksamkeit zeigt. Schwarz und Griesser beobachten mit genauem und sensiblem Blick, lassen die Protagonist*innen erzählen und offenbaren so viel Menschliches, ohne mit einem Score oder investigativen Nachfragen die Emotion künstlich zu erzeugen. Durch diese ruhige Erzählhaltung und einer exakten Inszenierung der Kühle und Leere der Hotelinnenräume ist INNDEPENDENCE ein zurückhaltend und subtil beobachtender und doch eindringlicher Kurzdokumentarfilm.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Michael Schwarz
Drehbuch:Michael Schwarz
Kamera:Alexander Griesser
Schnitt:Melanie Dietz
Webseite:nachtschwaermerfilm.de;
Länge:16 Minuten
Produktion: nachtschwärmerfilm Film- und Fernsehproduktion Michael Schwarz

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

In statischen und ausdrucksstarken Bildtableaus führt uns Michael Schwarz mit seinem viertelstündigen Film mitten hinein in die Räumlichkeiten eines stylishen Business-Hotels. Strenge Linien, glatte Formen, matte Farben – man glaubt, sich auszukennen, und doch ist irgendetwas anders. Es sind nur wenig Menschen zu sehen, plötzlich taucht Security auf, dazu auf der Tonspur Fragmente persönlicher Biografien. Die formierte Klarheit und Ruhe in den Bildern, die Illustration gesellschaftlicher Ordnung, mit der durch Aufräumen, Putzen und Desinfizieren Hygieneregeln durchgesetzt werden, setzt Michael Schwarz in spannenden Kontrast zu den Erzählungen der wohnungslosen Menschen, deren Biografien aus Sicht gesellschaftlicher Normen so gegenläufig erscheinen, disruptiv, unordentlich. INNDEPENDENCE gibt uns Zeit, uns auf diese Gegenüberstellung einzulassen, die Protagonist*innen kennenzulernen, von ihrem Leben auf der Straße zu erfahren und herauszuhören, was ihnen dieser Hotelaufenthalt bedeutet: 64 Tage lang dürfen sie das Mainzer Hotel während des Corona-Lockdowns bewohnen, um dann wieder ausziehen zu müssen. Trotz der nur kurzen Spieldauer sorgen die Klarheit der Bilder, die naturalistisch gestaltete Tonspur sowie die präzise Montage für eine erstaunliche Nähe zu den Protagonist*innen. Gleichzeitig eröffnet der vielschichtige und sehr gelungene Film dabei auf angenehm natürliche Weise Einsichten in die nähere Beschaffenheit jenes Paradoxons, das die bloße Existenz von Wohnungslosigkeit in unserer Wohlstandsgesellschaft darstellt.