Im Herzen der See
FBW-Pressetext
Im Jahr 1820 begibt sich das Walfangschiff „Essex“ auf See, um im Pazifik neue Jagdgründe zu erschließen. An Bord sind 20 Mann, darunter auch der erste Maat Owen Chase, der Kapitän George Pollard und der Schiffsjunge Thomas. Schon bald zeigt sich, dass zwischen Chase und Pollard einfach keine Einigkeit über das genaue Vorgehen an Bord herrscht. Pollard ist getrieben von wirtschaftlichem Ehrgeiz, Chase denkt an seine Männer und sieht die Gefahren, die die Manöver mit sich bringen. Denn unter den gejagten Tieren befindet sich ein weißer Wal, der Chase und seinen Männern immer wieder entwischt. Er hat scheinbar nur ein Ziel: die Essex zum Kentern zu bringen. Und so kommt es auf offenem Meer zum Kampf auf Leben und Tod zwischen Mensch und Natur. Als Herman Melville im Jahr 1851 seinen Roman „Moby Dick“ veröffentlichte, nannte er als einer seiner wichtigsten Inspirationen die Katastrophe der Essex, bei der 15 Männer starben und der Rest der Besatzung erst im letzten Moment gerettet werden konnte. Ron Howard greift in IM HERZEN DER SEE diese Inspiration auf und lässt den Zuschauer gemeinsam mit Herman Melville in die Erinnerungen des Schiffsjungen Nickerson eintauchen, der von den grausamen Ereignissen berichtet, die sich damals zugetragen haben. Brendan Gleeson spielt Nickerson mit gewohnt beeindruckender Präsenz. Auch Chris Hemsworth als rechtschaffener Owen Chase und Benjamin Walker als Kapitän wider Willen und innerer Überzeugung sind glaubhaft in ihren Rollen und verschaffen ihren Figuren Charakter und Stärke. Doch der wahre Konflikt, den Howard bombastisch groß und visuell überwältigend inszeniert, ist der Kampf zwischen Schiff und Wal. Hier vereint Howards Film alles, was das Genre des Abenteuerfilms groß macht. Eine Kamera, die ganz nah an den Protagonisten dran ist und die Action hautnah vermittelt. Ein Score von Rocque Banos, der das Gefühl der Überwältigung noch verstärkt und ein Szenario, das so fesselnd ist, dass man als Zuschauer atemlos das Geschehen verfolgt. Auch der Einsatz von 3D und den digitalen Effekten ist so fantastisch, dass er bezüglich seiner technischen Perfektion und der räumlichen Illusion sicher Maßstäbe setzt. Gerade die Bilder des digital erschaffenen Wals lassen den Zuschauer auch nach den Kämpfen auf hoher See nicht mehr los. IM HERZEN DER SEE ist eine mitreißende filmische Aufarbeitung einer wahren Begebenheit und grandios in Szene gesetztes Genrekino.Filminfos
Gattung: | Drama; Spielfilm; Abenteuerfilm |
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Regie: | Ron Howard |
Darsteller: | Chris Hemsworth; Cillian Murphy; Brendan Gleeson; Ben Whishaw; Tom Holland; Benjamin Walker; Joseph Mawle; Jordi Mollà; Charlotte Riley; Jamie Sives; Donald Sumpter; Paul Anderson; Frank Dillane; Gary Beadle |
Drehbuch: | Amanda Silver; Charles Leavitt; Peter Morgan; Rick Jaffa |
Buchvorlage: | Nathaniel Philbrick |
Kamera: | Anthony Dod Mantle |
Schnitt: | Daniel P. Hanley; Mike Hill |
Musik: | Roque Baños |
Länge: | 122 Minuten |
Kinostart: | 03.12.2015 |
Verleih: | Warner |
Produktion: | Cott Productions, Enelmar Productions, A.I.E.; Imagine Entertainment; K. JAM Media; Roth Films; Spring Creek Productions; Sur-Film; Village Roadshow Pictures; Warner Bros.; |
FSK: | 12 |
Jury-Begründung
Herman Melvilles „Moby Dick“ zählt ohne Zweifel zu den Klassikern der Abenteuerliteratur und auch John Hustons Verfilmung des Romans aus dem Jahre 1956 mit Gregory Peck in der Hauptrolle als besessener Kapitän Ahab ist eine feste Größe im Hollywood-Kino der 1950er Jahre. Ron Howards Film IM HERZEN DER SEE versucht gar nicht erst, gegen diese beiden etablierten Werke der Literatur und des Kinos anzutreten, sondern nimmt einen anderen, aber nicht minder spannenden Weg, an dessen Ende ein maritimes Abenteuer steht, das sich nicht allein aufgrund der beachtlichen 3D-Aufnahmen sehen lassen kann.In der Rahmenhandlung sucht der Schriftsteller Herman Melvillle (Ben Whishaw) den Seemann Thomas Nickerson (in seinen späteren Jahren dargestellt von Brendan Gleeson) auf, den einzigen noch Überlebenden des Walfangschiffs Essex, das 1820 von einem Pottwal gerammt wurde und unterging. Der bis dato mäßig erfolgreiche Schriftsteller spürt, dass sich hinter Nickersons Schweigen und seiner Trunksucht eine Geschichte verbirgt, die als Inspiration für ein Buch dienen könnte, das endlich den ersehnten Erfolg bringt. Und tatsächlich offenbart der Seemann im Laufe einer Nacht die wahren Geschichte des Untergangs der Essex und vor allem die Ereignisse, die den Schiffbrüchigen anschließend widerfuhren und die Nickerson verstummen ließen.
Auch wenn Rom Howards Film es mit der Historie nicht so genau nimmt (Herman Melville traf niemals einen der Bordbesatzung selbst, sondern lediglich den Sohn des ersten Maats Owen Chase), so ist der Film doch eine gelungene Mixtur aus klassischem Abenteuer-Kino, wie man es heute nur noch selten in den Kinos findet und zugleich ein Film darüber, welche Wege die Inspiration zwischen einzelnen Medien nehmen kann. Der Transfer von „oral history“ zu Literatur zu Film ist überaus sinnlich und bewegend als eine Art nächtliches Beichtgespräch inszeniert, bei dem das Duell zweier unterschiedlicher Charaktere mit viel inszenatorischem Geschick und exzellenten Darstellern im Kleinen einen anderen Konkurrenzkampf in der eigentlichen Geschichte vorweg nimmt. Es ist der Konflikt zwischen dem schmählich von seinen Auftraggebern übergangenen Obermaat Owen Chase, dem eigentlich längst ein Kapitänspatent zustehen würde, und dem Kapitän George Pollard, der nur aufgrund seines Verwandtschaftsverhältnisses, nicht aber wegen seiner Fähigkeiten den Posten bei der letzten Fahrt der Essex erhielt.
Insgesamt ist Ron Howard mit IM HERZEN DER SEE ein überaus sehenswerter und stimmiger Film gelungen, der eine hochspannende Geschichte mit psychologischem Geschick, sehenswerten 3D-Aufnahmen und exzellenten Darstellern kombiniert - eine Mischung, die im heutigen Kino angenehm aus dem Einerlei der Superhelden und Sequels hervorsticht und die tatsächlich an die goldenen Zeiten Hollywoods erinnert. Bitte mehr davon!