Ich war auch damals wirklich ich, aber nur in meinem Kopf
FBW-Pressetext
Maurice ist Mitte 60 und lebt als Transmann. Für ihn ist das eine Existenz, die er fühlt, die er schon immer in sich gespürt hat. Doch bis zu dieser Akzeptanz von innen und von außen war es ein steiniger Weg. Ein Weg, der bis heute andauert. Und von dem er selbst erzählen will. In ihrem 26-minütigen Kurzdokumentarfilm begleitet die Filmemacherin Julia Küllmer Maurice und macht ihn nicht nur zum Berichterstatter und Dokumentaristen seiner Erinnerungen und Empfindungen, sondern übersetzt seine Gedanken und Worte auch in faszinierende multimediale Bildideen. Ob ein Schattenspiel an einer Leinwand, eine Inszenierung als Vampir im Wald – oder aber sehr intime private Momente mit seinen Freunden: Die einzelnen Sequenzen sind kunstvoll, aber nie künstlich. Küllmer kommt Maurice auf eine sehr vertrauensvolle Weise nah, überlässt es aber immer Maurice selbst, eine Grenze zu setzen. Das macht ICH WAR AUCH DAMALS...... zu einem sehr persönlichen und inspirierenden Porträt, bei dem der Porträtierte zum Mitgestalter wird und so seine selbstbewusste und hart erkämpfte Stärke zeigen und an andere weitergeben kann.Filminfos
Gattung: | Dokumentarfilm; Kurzfilm |
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Regie: | Julia Küllmer |
Drehbuch: | Julia Küllmer |
Kamera: | Oliver Eckert |
Schnitt: | Julia Küllmer |
Webseite: | juliakuellmer.de; |
Länge: | 26 Minuten |
Produktion: | Julia Küllmer |
FSK: | 12 |
Förderer: | BKM; Nordmedia; MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein |
Jury-Begründung
Der Dokumentar-Kurzfilm ICH WAR AUCH DAMALS WIRKLICH ICH, ABER NUR IN MEINEM KOPF ist ein eindringliches und vielschichtiges Porträt des Transmannes Maurice. In enger Kollaboration mit dem Protagonisten gelingt es der Regisseurin Julia Küllmer, eine glaubwürdige Lebensgeschichte zu erzählen, die sich langsam, aber nie voyeuristisch entfaltet. Die Jury hatte stets das Gefühl, dass Maurice selbst mitbestimmt, was gezeigt werden darf und was nicht – eine Transparenz, die dem Film eine besondere Authentizität verleiht.Besonders hervorzuheben sind die inszenierten Sequenzen, die Maurices Innenleben bebildern, wie etwa Anspielungen auf NOSFERATU, die originell die dokumentarische Ebene kontrastieren. Maurices Monologe sind theatral, wirken jedoch durch die Transparenz der Situation (wir sehen das Studio) als bewusst inszenierte Performances, die den dokumentarischen Szenen gegenübergestellt werden. Dieser Kontrast unterstreicht die Vielschichtigkeit des Protagonisten und visualisiert den Aspekt der Co-Creation.
Das zentrale Thema des Films – Welche Attribute werden Menschen zugeschrieben, welche empfinden sie selbst? – wird eindringlich und mit großer Sensibilität verhandelt. Von der persönlichen Geschichte ausgehend, wird ein gesellschaftliches Gesamtbild gezeichnet, das Fragen zu Gender und Selbstfindung aufwirft. Das Drama bleibt dabei oft unter der Oberfläche, etwa in der thematisierten familiären Gewalt, wodurch der Film eine subtile, aber nachhaltige emotionale Tiefe gewinnt.
Uneinig ist sich die Jury bei den inszenierten Dokumentar-Szenen in der Schule, die formal aus dem sonst stimmigen Gesamtbild herausfallen. Die ehrliche und unverschnörkelte Art Maurices sowie die klare Struktur der Inszenierung machen den Film aber zu einem wichtigen Beitrag im Diskurs um Gleichstellung und zugeschriebene Geschlechterrollen.