Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
In dem Kurzspielfilm werden erstaunlich viele Themen berührt, ohne dass er überladen oder konstruiert wirken würde. Es geht um die Identitätsfindung eines 17-Jährigen, um eine schwule erste Liebe, um das Leben in einem fremden Land und darum, wie in Deutschland mit Migranten umgegangen wird. Der Deutsch-Ghanaer Sam hilft zusammen mit seiner Mutter deren alter Freundin Gifty und ihrem Sohn Kwesi, die gerade aus Ghana in Deutschland angekommen sind und bei denen unsicher ist, ob sie eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen werden. Die beiden jungen Männer kommen einander näher, aber Kwesi und Gifty droht die Ausweisung . Gabriel Bihan Arrahnio hat diese kurze Geschichte vom Entdecken und Warten sehr authentisch inszeniert. Das Milieu, von dem erzählt wird, wirkt absolut glaubwürdig und die Situationen, in denen die vier Protagonist:innen sich wiederfinden, wirken wahrhaftig. Da stimmt jedes Bild, jeder Ton und jedes Wort, und es wirkt nie folkloristisch oder melodramatisch. Stattdessen erzählt Arranhnio mit einer zärtlichen Zuneigung zu seinen Filmfiguren, die in jeder Einstellung zu spüren ist. Die vier Darsteller:innen spielen überzeugend und sehr lebendig – Arrahnio beweist hier sein Talent in der Führung der Schauspieler:innen. Und auch die Kameraarbeit von Georg Lewark wurde von der Jury gelobt. In I WAS NEVER REALLY HERE gelingt es, einen kurzen Abschnitt im Leben des Protagonisten Sam so intensiv und komplex zu gestalten, dass deutlich wird, wie grundlegend es durch diese Erfahrung geprägt werden wird. Und so ist dieser Spielfilm mit seinen knapp 23 Minuten auch ein schönes Beispiel dafür, dass die Coming- of-Age-Geschichte eines der fruchtbarsten Filmgenres unserer Zeit ist.