Filmplakat: Hotel Astoria

FBW-Pressetext

Das Hotel Astoria in Leipzig war das erste Haus am Platz. Es wurde 1915 erbaut und 1996 geschlossen. In Zeiten der DDR galt es als Vorzeigeobjekt und in seinen Räumen und Hallen wurden Staatsgäste empfangen und Geschäfte betrieben. Doch nach der Wende änderte sich vieles – auch im Hotel Astoria. Alina Cyranek und Falk Schuster begeben sich in ihrem Anima-Dokfilm HOTEL ASTORIA auf eine Reise in die Geschichte dieses großen Hauses. Dafür kombinieren sie historische Fotografien und Filmaufnahmen mit animierten Collagen und unterlegen diese mit einer Tonspur aus Geräuschen und Musik. Kommentiert wird das Ganze von den Gästen und den Angestellten des Hauses selbst. Sie erzählen von der Arbeit im Hotel, die anstrengend, aber immer auch besonders war. Sie erzählen von den Empfängen und Kongressen, bei denen sich wichtige Leute begegneten und die Speisen edel und sogar exotisch waren. Immer erzählen sie voller ehrlicher Zuneigung von ihrem Arbeitsplatz, der nach der Wende Stück für Stück verschwand. Und doch ist HOTEL ASTORIA alles anderes als „Ostalgie“. Es ist eine respektvolle, genau recherchierte und reflektierte Auseinandersetzung mit einem Stück deutscher Geschichte. Die durch ihre Macharbeit und den genauen Einsatz von Bild und Ton Geschichte wieder lebendig werden lässt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Dokumentarfilm
Regie:Falk Schuster; Alina Cyranek
Drehbuch:Alina Cyranek
Musik:Florian Marquardt
Länge:28 Minuten
Verleih:hug films GbR
Produktion: hug films GbR Alina Cyranek & Falk Schuster, MDR;
Förderer:BKM; MDM; Kulturstiftung Sachsen; Kunststiftung Sachsen-Anhalt; Sächsische Landesmedienanstalt; Thüringer Filmförderung

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Das seit 1996 leerstehende Hotel Astoria war nicht irgendein Hotel, sondern zu DDR-Zeiten vor der Wende einer der Hotspots der Stadt. Ein Ort, an dem mit für den real existierenden Sozialismus ungeheurem Aufwand vor allem Gäste aus dem Westen empfangen und versorgt wurden und an dem Informationen und Nachrichten ausgetauscht und Geschäfte gemacht wurden. Und gerade in diesen Kontrasten wird der ganze systemimmanente Widerspruch der DDR auf sehr plastische Weise sicht- und spürbar. Weil hier im Kleinen sich vieles, was das Leben im Arbeiter- und Bauernstaat ausmachte, widerspiegelt - samt aller Brüche und Kompromisse, die das fragile Staatsgebilde schließlich zum Einsturz brachten.

In einem reichen, gut recherchierten Kaleidoskop aus Bildern, animierten Sequenzen, dezent platziertem Filmmaterial aus der Zeit und vor allem mittels zahlreicher Interviews lassen Alina Cyranek und Falk Schuster die bewegte Geschichte des Hauses und der Menschen darin wieder aufleben. Auf diese Weise entsteht ein anspielungsreicher Teppich aus Bildern und Tönen, in dem es viel zu entdecken und zu lernen gibt über das ganz normale Leben in der DDR.

Besonders fiel dabei der sorgsam ausgearbeitete Stil der Animationen auf, der das Zeitkolorit der 1970er und 1980er Jahre gut einfängt. Gleichzeitig aber bleibt der Film in der Erschaffung seiner Bildwelten nicht bei einem bloßen Pastiche, sondern erschafft aus dem Ausgangsmaterial und den Animationen etwas völlig Neues – eine Annäherung aus der Gegenwart an eine verlorene Vergangenheit eines Landes und eines Hotels, die es beide nicht mehr gibt. Streng durchkomponiert und in Kapitel eingeteilt, die immer wieder auch bewusste Ruhepunkte setzen, um sich ganz auf den Fluss der sorgfältig aufeinander abgestimmten Bilder und Töne einzulassen, entsteht so ein multiperspektivisches Panoptikum aus Erinnerungen, das sich zu einem Zeitbild verdichtet und so ein konkretes Stück Vergangenheit ganz ohne (N)Ostalgie wiederauferstehen lässt.