Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Es ist erstaunlich, was in nur sieben Filmminuten erzählt werden kann. In HOMEWORK gelingt es Annika Pinske, eine komplizierte Familiensituation einfühlsam, bewegend, dramaturgisch geschickt und filmisch originell darzustellen. Durch die Art, wie sie langsam immer mehr Informationen über das Verhältnis ihrer beiden Protagonisten preisgibt, schafft sie eine ganz eigene Spannung. So wird immer deutlicher, wie vertraut das Verhältnis zwischen dem jungen Vater und seiner zwölfjährigen Tochter ist. Er trainiert seine Muskeln, während sie ihre Hausaufgaben macht und sich dabei von ihm helfen lässt. Wie dekliniert man das Verb „to love“? Das ist hier auch eine programmatische Frage. Pinske hat es nicht nötig, überdeutlich zu werden oder zu erklären. Sie zeigt in ihren atmosphärisch reichen Bildern, wie liebevoll die beiden miteinander umgehen. Die Tochter hilft ihrem Vater bei seinen Übungen, wobei deutlich wird, dass die beiden dies schon oft zusammen gemacht haben. Und es gibt spielerische Rituale wie die Parodie des Vaters einer Szene Robert de Niros in WIE EIN WILDER STIER. Wenn die Kamera mit dem Vater den Raum verlässt, wird deutlich, in welchem Beruf er eigentlich arbeitet. Deswegen müssen beide die Mutter des Mädchens anlügen, wie durch einen kurzen Dialog während des Wegs zur Übergabe des Kindes deutlich wird. Das zärtliche Verhältnis zwischen den beiden ist also bedroht, und dadurch werden die im Film gezeigten Momente umso kostbarer. Und genauso hat Pinske sie auch inszeniert: die gut gecasteten Darsteller wurden so geführt, dass ihr Verhältnis zueinander absolut natürlich wirkt, bei der ausgefeilten Kameraarbeit wurde genau kalkuliert, was, was nicht und was wann gezeigt wird und sowohl der Anfang wie auch das Ende sind perfekt gesetzt.