Hier oben, bei den weißen Göttern

Filmplakat: Hier oben, bei den weißen Göttern

FBW-Pressetext

Voller Erwartungen geht der mosambikanische Vertragsarbeiter Luciano Ende der 1980er Jahre nach Ost-Berlin. Doch was er dort erlebt, entspricht nicht seinen Hoffnungen: Die Arbeiten, die er und seine Kollegen im Schlachthof zu verrichten haben, sind unermesslich hart und fühlen sich furchtbar an. Und dann ständig die Anfeindungen der Deutschen, das Gefühl, nicht dazuzugehören. Doch als Lucianos Verwandte aus Mosambique fragen, wie es ihm geht, muss er sich selbst die Frage stellen, ob er ihnen die Wahrheit sagen kann. Basierend auf einer wahren Gegebenheit erzählt der Kurzanimationsfilm von Jalal Maghout von einem jungen Mann, der stellvertretend steht für eine Generation, die voller Hoffnung nach einem neuen besseren Leben sucht und feststellen muss, dass statt Hoffnung nur Enttäuschung und Ablehnung warten. Der Erzählton ist düster, die Animation arbeitet geschickt mit einer schwarzweißen Farbgebung und einzelnen roten Elementen. Die Geschichte ist durch ihre Klarheit sehr drastisch und eindeutig und wirft ein anklagendes Schlaglicht auf ein sehr dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Ein wichtiger und einprägsamer Kurzfilm über ein Thema, das bis heute nichts an Relevanz verloren hat.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm
Regie:Jalal Maghout
Drehbuch:Alexander Lahl; Max Mönch; Mike Plitt
Schnitt:Jalal Maghout
Musik:Hannes Schulze
Weblinks:instytut.net;
Länge:11 Minuten
Produktion: mobyDOK GmbH

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Mit einem bislang nur sehr wenig aufgearbeiteten Stück deutscher Geschichte befasst sich der animierte Kurzfilm HIER OBEN BEI DEN WEIßEN GÖTTERN von Jalal Maghout sowie Alexander Lahl und Mike Plitt (Co-Regie). Es geht in diesem beeindruckenden Werk, das auf Interviews mit Zeitzeugen beruht, um die rassistischen Übergriffe auf afrikanische Vertragsarbeiter in der DDR.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Mosambikaner Luciano, der von einem Studium in der DDR träumt. Doch angekommen im kalten „Land der weißen Götter“, erwartet ihn dort bereits die erste Enttäuschung. Denn statt an die Hochschule geht es für ihn in einen Schlachtbetrieb, wo er Tiere im Akkord zerlegt, während ihm in seinem Alltag immer wieder Rassismus und fremdenfeindliche Übergriffe widerfahren und er stets ein Fremder bleibt. Trost bieten ihm nur die gelegentlichen Begegnungen mit seinem Freund aus Kindertagen Manuel, der den gleichen Weg auf sich nahm. Doch dann wird Manuel das Opfer einer schrecklichen Bluttat.

Gestaltet ist HIER OBEN BEI DEN WEIßEN GÖTTERN mittels wunderschönen, kontrastreichen und überwiegend düsteren Schwarzweiß-Animationen mit Farbakzenten in Rot, getragen wird der Film vom an manchen Stellen fast schon poetischen Off-Kommentar, der einen subjektiven Blick auf die Geschehnisse wirft und auf diese Weise die Sichtweise der Arbeitsmigrant*innen spür- und nachvollziehbar werden lässt. All dies summiert sich zu einem spannenden Mix aus Alltagsschilderungen und traumgleichen Sequenzen, der die Gefühlslage und die Lebenswelten des Protagonisten und seiner Leidensgenoss*innen sicht- und hörbar macht und immer wieder verdichtete Bilder und Metaphern für deren Leiden findet. Exemplarisch sei hier etwa die Blutwurst genannt, aus der in einer Szene Blut tropft - und man muss annehmen, dass es sich dabei nicht um tierisches Blut handelt.

Was der Film in der Waage hält, ist die allerdings nicht entscheidende Frage, ob der Film eine wahre Geschichte erzählt oder ob er vielmehr – dies legt der Schluss nahe – aus verschiedenen Stimmen und Schilderungen zu einer Geschichte verdichtet wurde. Allerdings würde auch dies den Film in seiner Ästhetik wie Wirkung kaum schmälern. Er bleibt ein beeindruckendes Werk zu einem Thema, mit dem sich derzeit noch viel zu wenige Filme auseinandergesetzt haben.