Have a Nice Dog!

Filmplakat: Have a Nice Dog!

FBW-Pressetext

Ein junger Mann geht auf einer belebten Strasse nach Hause. Den Menschen, denen er begegnet, kann er nur Verachtung entgegenbringen, denn sie versuchen mit aller Macht den Krieg zu ignorieren, der im Land tobt. Er will nur noch von hier weg. Doch was passiert, wenn er flieht? Wird sein Plan aufgehen, wird er in Sicherheit sein? Oder bei dem Versuch sogar mit seinem Leben bezahlen? Sein einziger Vertrauter ist sein Hund. Doch der scheint dieselbe Angst wie sein Herrchen in sich zu tragen. Schon die ersten Bilder lassen Assoziationen mit Bildern zu, die längst ikonographisch geworden sind. Ertrinkende, Hilfesuchende, Schreie, überfüllte Boote. Ohne je ein konkretes Wort über die tatsächliche Situation zu verlieren, erkennt man, worum es geht. In alptraumhaften und fließend ineinander übergehenden Bildern erzählt der syrische Filmemacher Jalal Maghout, der hier seine eigenen Eindrücke aus dem Damaskus der ersten beiden Kriegsjahre verarbeitet, eine Geschichte vom Fliehen und Fürchten, vom Aufbruch und vom Verzagen. Die Zeichnungen wirken rau und schroff, die Gesichter der Menschen verfremdet, immer wieder verwandeln sich Objekte, real anmutende Situation in absurd-surreale Fantasien. Die Bilder sind monochrom in dunklen Tönen gehalten, nur einzelne rote Farbkleckse stechen hervor. Die ruhige Erzählstimme tut ihr Übriges, um beim Betrachten ein beklemmendes Gefühl und einen faszinierenden Sog zu erzeugen. Dies alles macht HAVE A NICE DOG! zu einem tiefberührenden, aufrüttelnden und filmkünstlerisch ganz besonderen Werk.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Jalal Maghout
Drehbuch:Jalal Maghout
Schnitt:Jalal Maghout
Musik:Dascha Dauenhauer
Weblinks:vimeo.com;
Länge:13 Minuten
Produktion: Karsten Matern
FSK:12
Förderer:BKM

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Neun Jahre Krieg haben bei vielen Syrern Narben hinterlassen. Wie tief die sitzen, ist manchmal nur schwer ersichtlich. Jalal Maghouts animierter Kurzfilm HAVE A NICE DOG! lässt zumindest erahnen, was einige seiner Landsleute durchgemacht haben.

Es sind die erschreckend-klaustrophobischen Schwarz-Weiß-Bilder mit nur kleinen farblichen Akzenten, die das Trauma des Protagonisten sofort erahnen lassen. Nachdem fast alle seine Freunde die Flucht aus Syrien gewagt haben, fühlt der sich ziemlich allein und dekliniert immer wieder seine eigene Flucht mit allen Hindernissen und Gefahren durch. Die Angst sitzt ihm spürbar im Nacken und lässt ihn zunehmend handlungsunfähig werden. Zusehends entfernt er sich, genau wie seine Freunde zuvor, aus seinem Leben. Und so wird aus seiner tatsächlichen Flucht eine innere: der Rückzug in sich selbst.

HAVE A NICE DOG! ist ein animiertes Psychodrama mit großem Tiefgang. Der Protagonist versucht seine latente Angst zu unterdrücken. Die vibrierenden, handgezeichneten und dann digital animierten Bilder geben seine Unruhe treffend wieder. Die fratzenhaften Zeitungfetzengesichter der ihn umgebenden Menschen sind kalt und leer und erscheinen wie Reflexionen einer fernen Welt.

Jalal Maghouts Bebilderung der Situation in Syrien ist hervorragend. In jedem Strich hat die Jury die unwirkliche, klaustrophobische Atmosphäre der syrischen Öffentlichkeit erkennen können. Während Menschen in Cafés sitzen und Normalität proben, fallen nicht weit davon entfernt Bomben. Die große Depression vor dem Hintergrund des Krieges wirkt authentisch und greifbar. In der Diskussion versuchten die Juroren aufzuklären, welche Funktion Baroud, der Titel gebende Hund des Protagonisten, hat. Trägt er das Seelenleben seines Herrchens ungefiltert und offen zur Schau oder soll er gar für das Land selbst stehen, das beständig daran arbeitet alles, was es ausmacht zu zerstören, so wie der Hund sein Lieblingsspielzeug zerstört? Eine eindeutige Antwort erkennt die Jury nicht, beide Optionen scheinen ihr möglich und machen auch Sinn.

So, wie HAVE A NICE DOG! begonnen hat, so lässt Jalal Maghout seinen Film auch enden: mit dem Alptraum vom Ertrinken. Und die Jury ahnt: Alles wird von Neuem beginnen, die seelische Selbstzerfleischung, die Unfähigkeit zu Handeln. Die Jury zeigt sich tief berührt, so treffend hat Jalal Maghout die Ausweglosigkeit dieser Situation in Szene gesetzt.