Haps
FBW-Pressetext
Ein werdender Vater landet wegen Rauschgifthandels im Gefängnis und steht plötzlich vor der unmenschlichen Wahl, Opfer von Verrat zu werden oder selbst zum Monster zu mutieren. Mit packender Bildgewalt und einer fast surrealen Inszenierung bietet Regisseur Ekrem Engizek ein mitreißendes Independent-Drama, das unter die Haut geht.Anfangs scheint alles noch halbwegs kontrollierbar, doch kaum hinter Gittern, sieht sich Alexander Rothstein (Constantin von Jascheroff) dazu gezwungen, seine Unschuld zu beteuern. Zwischen gewalttätigen Mitinsassen und eigenen Schuldgefühlen, rutscht er immer tiefer in kriminelle Machenschaften. Seine wachsende Verzweiflung und das Gefühl, für seine Familie sorgen zu müssen, treiben ihn an, eine gefährliche Organisation aufzubauen. Mit jeder Tat wird er skrupelloser, bis die Grenzen zwischen Überleben und moralischem Abgrund verschwimmen.
In diesem bewusst überzeichneten Kosmos, der an Gangsterrap-Videos erinnert, verschmelzen knallige Farben, harte Schnitte und ein dröhnender Soundtrack zu einer atmosphärischen Wucht, die sich wie eine Parabel auf Macht und Unterdrückung lesen lässt. Statt realistischem Knastalltag präsentiert HAPS eine stilisierte Welt, in der unklare Regeln herrschen und sich die Figuren zwischen Opportunismus und Verrat entscheiden müssen – ausgehend von der durchgängig konsequenten Perspektive von Alex. Die herausragende Kameraarbeit von Christof Wahl harmoniert dabei mit einem kühnen Produktionsdesign, das ebenso überhöht wirkt wie die raue Sprache, die schrittweise eskalierende Gewalt und die eingeflochtenen Off-Kommentare mit vermeintlichen Lebensweisheiten. Regisseur Engizek beweist dabei, dass er sämtliche Genreklassiker – von THE GREEN MILE über FIGHT CLUB bis hin zu SHAWSHANK REDEMPTION – studiert hat. Die Gewalt baut sich Stück für Stück auf: Wird eine Waffe gezeigt, muss sie auch abgefeuert werden – ein Credo, das kompromisslos verfolgt wird. Gleichzeitig brechen geschickt inszenierte Hofszenen den Rhythmus der intensiven Gewaltszenen in immer neuen Konstellationen auf, ohne jemals an Spannung zu verlieren. Zwischen all der Härte schwingt zudem eine Portion Comic Relief mit, die auf dem schmalen Grat zwischen Witz und Gefahr balanciert – ein Seiltanz, der dem Film zusätzliche Dynamik verleiht. Mit vielen hormongeladenen Momenten und einer Prise Eskapismus wird HAPS so zu einem kraftvollen Sinnbild für das menschliche Ringen mit Schuld, Loyalität und Selbsterhaltung – ein Independent-Erlebnis, das nachhaltig in den Bann zieht.
Filminfos
Gattung: | Drama; Spielfilm |
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Regie: | Ekrem Engizek |
Darsteller: | Constantin von Jascheroff; Kais Setti; Amir Israel Aschenberg; Cem Öztabakci; Xenia Assenza; Lennard Kunz; u.a. |
Drehbuch: | Ekrem Engizek |
Kamera: | Christof Wahl |
Schnitt: | Christian Reinhardt |
Musik: | Martin Todsharow; PAIX |
Webseite: | engizekfilms.com; |
Länge: | 129 Minuten |
Kinostart: | 27.03.2025 |
Verleih: | Engizek Films |
Produktion: | Engizek Films GmbH |
FSK: | 16 |
Jury-Begründung
Der Spielfilm HAPS – CRIME DOESN’T PAY von Regisseur Ekrem Engizek ist ein beeindruckendes Beispiel unabhängiger Filmproduktion. Als Autodidakt hat Engizek den Film eigenständig finanziert und bringt ihn im Eigenverleih heraus, was als beachtliche Leistung gewürdigt werden muss. HAPS präsentiert sich als intensives Gefängnisdrama, das sich stilistisch an große Vorbilder anlehnt und mit übersteigerten Bildern, harter Sprache und kompromissloser Inszenierung einen eigenen filmischen Kosmos erschafft.Im Zentrum der Handlung steht Alex (Constantin von Jascheroff), der sich nach seiner Inhaftierung schnell mit den Machtstrukturen hinter Gittern arrangieren muss. Zwischen aggressiven Mitinsassen, rigiden Hierarchien und einem System, das kaum Raum für Menschlichkeit lässt, bahnt er sich seinen Weg und steigt durch geschickte Allianzen im kriminellen Milieu auf. Seine Freundschaft mit dem kurdischen Kriminellen Mazlum und seinem außerhalb der Gefängnismauern agierenden Freund Cem ermöglicht ihm den Einstieg in den Handel mit Betäubungsmitteln und führen zu einer Verbesserung seiner Situation – zumindest kurzfristig.
Die Kameraarbeit und das Setdesign sind aufwendig gestaltet und kreieren eine beinahe dystopische Welt innerhalb der Gefängnismauern. Die visuelle Gestaltung setzt gezielt auf farbiges Licht, Splattereffekte und einen dynamischen Schnitt, der an internationale Vorbilder wie BREAKING BAD, FIGHT CLUB oder THE GREEN MILE erinnert. Die drastische Sprache und die Überwältigungsstrategie der Inszenierung verstärken die Wirkung des Films und schaffen eine dichte Atmosphäre, die das Gefühl der Unterdrückung und Gewalt spürbar macht.
Die Mischung aus professionellen Schauspieler:innen und Laien erzeugt eine eindrückliche Typenzeichnung, die gesellschaftliche Diversität (z.B. in Herkunft und Religion) abbildet. Die Figuren verkörpern eine übersteigerte Männlichkeit, die dem Film seine besondere Dynamik und Bedrohlichkeit verleiht. Obwohl HAPS durchgehend in der Gefängniswelt verhaftet bleibt, hält der Film die Spannung und steigert sich bis zum Exzess im Finale. Wechsel im Rhythmus sorgen dafür, dass die Inszenierung nicht stagnieren lässt. Der Film nutzt weiterhin Motive des Gangster-Raps, der auch musikalisch die Handlung in Segmente teilt.
Die konsequente Darstellung von Macho-Kult und Gewalt wirft aber die Frage auf, welche Rollenbilder vermittelt werden und ob der Film für ein jüngeres Publikum geeignet ist, das sich durchaus vom Stil, der an kultige B-Movies erinnert, angezogen fühlen könnten.
HAPS – CRIME DOESN’T PAY ist ein kompromisslos inszeniertes Gefängnisdrama mit viel Spielfreude des Ensembles und Lust am Zitieren, das sich durch seine stilistische Konsequenz und seine ungeschönte Darstellung von Macht und Unterdrückung auszeichnet.
Die Jury vergibt das Prädikat „wertvoll“.