Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Mütter singen ihren kleinen Kindern Wiegenlieder vor. Dies ist so universell, dass es überall auf der Welt, ganz unabhängig von kultureller und gesellschaftlicher Prägung, verstanden wird. Was für eine zugleich bestechend einfache und tiefschürfende Idee, dieses Bild als den gemeinsamen Nenner für eine Dokumentation zu nehmen. Kyoko Miyake hat in dem Londoner Stadtteil Hackney Mütter und ihre Kinder besucht, die nach England eingewandert sind. Dabei sind kleine intime Momentaufnahmen entstanden. Die Mütter erzählen von ihrer Situation – eine japanische Frau berichtet darüber, dass ihr schon etwas größeres Kind sich weigert, weiterhin japanisch zu sprechen, eine Frau aus der Karibik sagt, dass sie erst in der Fremde als Individuum anerkannt wurde. Aber wichtiger als solche Informationen ist die Atmosphäre, die die Regisseurin mit ihrer Kamera eingefangen hat. Es sind ruhige poetische Momente der Nähe von Mutter und Kind. Dazu erklingen die verschiedenen Schlaflieder – darunter auch eine textlich alles andere als friedliche Partisanenhymne. Sie werden zwar nicht perfekt intoniert, dafür aber innig gesungen und klingen deshalb nur umso schöner. In HACKNEY LULLABIES wird auch ganz nebenbei die Frage danach behandelt, was Heimat ist. Stilistisch ist der Film mit seiner ruhigen, einfühlsamen Kamera und dem sehr musikalischen Schnitt aus einem Guss, und so vergibt dieser Ausschuss dem Film ohne Einschränkungen das höchste Prädikat.