Girl 6

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Lovely ist eine wunderschöne und intelligente junge Schauspielerin, ganz und gar nicht prüde, aber nicht bereit, sich bei ihrem ersten Casting zu prostituieren. In der geschützten, fast sterilen Atmosphäre einer Telefonsexzentrale setzt sie, wie viele andere Mädchen, ihre darstellerischen Fähigkeiten beim anonymen Kontakt mit den Anrufern ein. Kontakt zu Männern, die ihre Kommunikationsunfähigkeit nur am Telefon aufgeben können.
Es ist ein perfekt durchorganisiertes Business, bei dem man gutes Geld verdienen kann und hin und wieder auch seinen Spaß dabei hat.

Spike Lees Film beobachtet locker, leicht und selbstironisch die Frauen bei ihrem Job und konzentriert sich dabei menschlich auf die Hauptfigur der Lovely. Dieser gelingt es nur ein Mal, aus ihrer Unberührtheit auszubrechen, um dann prompt - allerdings ohne Schaden - enttäuscht zu werden. Konsequent wird sie auch beim zweiten Casting ihre Würde wahren.

So leicht wie der Film sich gibt, so viel Hintergrund bietet er zugleich. Er zeigt ein Thema von heute, für Menschen von heute und dies kritisch, aber ohne zu denunzieren. Er demaskiert ein Gewerbe mit seiner menschlichen Entwürdigung.

Der Film besticht durch eine vorzügliche Bildsprache, Farbgestaltung und Montage. Mit sicherer Hand inszeniert, bietet er eine Reihe guter Charaktere an, die durch ihr Spiel überzeugen, darunter auch in kleinen, reizvollen Rollen Regie- und Schauspielerfreunde von Spike Lee. Eine Augenweide sind die Mädchen im Sex-Business - alles starke Frauen, an ihrer Spitze die äußerst wandlungsstarke und ausdrucksfähige Theresa Randle. Gut abgestimmt zum Film präsentiert sich die Musik von Prince.
Ein gutes Drehbuch verleiht dem Film einen spannenden Erzählrhythmus und bietet neben pfiffig konstruierten Szenen (Tabakladen, Restaurant) auch stimmige Dialoge.