Ginger und Fred

Filmplakat: Ginger und Fred

Kurzbeschreibung

Pippo und Melia waren einst die gefeierte Kopie des Tanzpaares Ginger Rogers und Fred Astaire. Nach Jahrzehnten treffen sie sich wieder, um in einer banalen vorweihnachtlichen Nostalgie-Show des Fernsehens aufzutreten und zu steppen. Das Fernsehstudio erweist sich als Irrenhaus. Pippo, der heruntergekommener Hausierer, und Amelia, die kleinbürgerliche Witwe und Oma geworden ist, reagieren mit Charme und Widerwillen. Trotz einer Panne beim Auftritt wahren die beiden Profis ihre Würde.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama
Regie:Frederico Fellini
Darsteller:Franco Fabrizi; Friedrich Ledebur; Giulietta Masina; Marcello Mastroianni; Augusto Poderosi
Drehbuch:Tonino Guerra; Frederico Fellini; Tullio Pinelli
Kamera:Tonino Delli Colli
Schnitt:Ugo De Rossi
Musik:Nicola Piovani
Länge:126 Minuten
Verleih:Tobis
Produktion: Bibo Filmproduktion GmbH, Stella Film GmbH; Anthea Filmgesellschaft mbH ; Bibo TV Studiobetriebs GmbH; P.E.A.; Revcom Films
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein vor Jahrzenten in Varietés der Provinz bekanntes Tanzpaar wird vom Fernsehen engagiert, um in einer nostalgischen Sendung noch einmal aufzutreten. Das gewagte Comeback der beiden geht glimpflich aus; aber zwischen Wiedersehen und endgültigen Abschied vollzieht sich in ihnen ein Denkprozess, der sie unverändert in die Zukunft entlässt.

Fellinis Pandämonium, dass dieses Tanzpaar bedrängt und verwirrt, ohne es verschlingen zu können, wimmelt wieder von Typen, wie sie nur diesem Regisseur zur Verfügung zu stehen scheinen : Clowns, Zwerge, Huren, Transvestiten, menschlichen Abnormalitäten vom Zuchthäusler bis zum senilen Admiral, vom Muskelprotz bis zum Erfinder essbarer Damenslips - sie alle willkürlich zusammengewürfelt, um in der Fernsehshow „Hier für Sie“ mitzuwirken. Doch karikiert Fellini diese Welt der Ausgeflippten und Randfiguren nicht mehr mit ätzender Schärfe, sondern bildet sie fast liebevoll ab. Aus Spott ist Verständnis geworden, Kritik wird nicht am Menschen, sondern an der Institution geübt : Fellini hat sein erstes großes Alterswerk vorgelegt.

Mit lächelnder Milde verleiht er den beiden Hauptdarstellern nachtwandlerische Sicherheit auf ihrem vorsichtigen Weg zur Wiederbegegnung. Wie Giulietta Masina und Marcello Mastroianni die Frustration der gealterten Künstler glaubwürdig machen, ihre Ängste und Hoffnungen, ihre Freude und Skepsis, wie sie mit einfachsten mimischen Mitteln große psychologische Entwicklungen andeuten, beweist ihre gereifte Meisterschaft, aber auch, dass sie nur einem Fellini diese Leistung verdanken. Die Tanzdarbietung der Varieté-Veteranen gerät zum faszinierenden Höhepunkt des Films.

Wenn es jedoch darum geht, die oberflächliche Welt des Fernsehers darzustellen und die menschenverachtende Brutalität dieses Mediums zu entlarven, schlägt Fellini mit seiner ganzen parodistischen Kraft zu. Die Poesie, mit der er sie umgeben hat, die beiden Hauptgestalten und all die bunten Cirkusfiguren, verschwindet jäh, sobald das Fernsehstudio seine Pforten öffnet. Das ist mehr als nur ein symbolischer Akt. Es zeigt die Unvereinbarkeit romantisch verklärter Erinnerung mit der kalten Technik des Computer-Zeitalters. Auch diese Erfahrung vermittelt Fellini.