Gezielt Mittelalterliche Überlegungen

Filmplakat: Gezielt Mittelalterliche Überlegungen

FBW-Pressetext

Frau Schröder ist Lehrerin und hasst es. Als sie auf einer Klassenfahrt ihren ganzen Frust an einem Problemschüler auslässt, merkt sie, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Gleichzeitig macht die Nachricht die Runde, ein aggressiver Braunbär sei aus dem Zoo ausgebüxt und mache nun die Straßen der Kleinstadt unsicher. Als Frau Schröder eines Nachts beschließt, allein um die Häuser zu ziehen, trifft der Bär die gleiche Entscheidung. Bis es auf einem Sportplatz irgendwo im Nirgendwo zu einer ungewöhnlichen Begegnung kommt. Der Kurzspielfilm in der Regie von Finn Ole Weigt und Paula Milena Weise (Drehbuch Anton Artibilov) wird unter anderem von der überzeugenden darstellerischen Leistung der Hauptdarstellerin Thuy-Van Truong getragen, die Frau Schröder mit einer Mischung aus Frust, Trotz und Ennui spielt – um in einer bestimmten nächtlichen Szene dann dennoch förmlich zu ‚explodieren‘. Tilman Bensieks Kamera passt sich Truongs Spiel wunderbar an und inszeniert einen Schulausflug zu einer mittelalterlichen Ruine ebenso malerisch wie den verlassenen Sportplatz in der Kleinstadt. Und auch in Bezug auf die Dramaturgie und die Gestaltung der einzelnen Sequenzen sprühen die Macher dieses an der Kunsthochschule für Medien in Köln entstandenen Films vor kreativen Ideen. Ein hochspannendes, immer wieder überraschendes Kurzfilm-Märchen für Erwachsene. Und auch Braunbären könnten ihren Spaß haben.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kurzfilm; Fiction
Regie:Finn Ole Weigt; Paula Milena Weise
Darsteller:Thuy-Van Truong; Leonard Adamietz; Patrick Joswig; Georg Peetz; Nikolaus Kühn; Jade Alina Rasch; Lena Lubatsch; Selina Lorenz; Elma Ehrsam
Drehbuch:Anton Artibilov
Kamera:Tilman Bensiek
Schnitt:Finn Ole Weigt
Musik:Elias Lenzen
Webseite:dunkellicht.film;
Länge:25 Minuten
Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln, dunkellicht film;
Förderer:Thüringer Staatskanzlei

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein Schulausflug zu einer Burgruine endet damit, dass die Lehrerin ihren Beruf an den Nagel hängt. Die Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern scheint nicht mehr zu funktionieren, die Vermittlung historischen Wissens findet nicht die erwünschte Resonanz. Frau Schröder versucht fortan ihre neu gewonnene Freiheit zu genießen. Doch einer ihrer Schüler, mit dem sie Probleme hatte, scheint Kontakt mit ihr halten zu wollen. Eines Nachts begegnet Frau Schröder einem Bär, von dem es heißt, er sei einem Gehege entlaufen. Passiert das wirklich? Und was hat es mit der Erzählerstimme auf sich? Keine Frage: es wird zunehmend surreal.

Finn Ole Weigt und Paula Milena Weise haben einen ästhetisch ansprechenden Kurzfilm gedreht, der zwischen Wirklichkeit und Fiktion oszilliert. Da ist die Realität der Schule und eines Unterrichts, der den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler nicht mehr gerecht wird; und da ist die Fantastik nächtlicher Begegnungen, die so wirken, als sei die Lehrerin aus dem schulischen Alltag in ein Reich des Imaginären getreten, wo ihr unvermittelt Bären und sie vermissende Schüler begegnen. Geht es darum, sich aus dem Korsett der tradierten schulischen Praxis zu befreien und der Fantasie hinzugeben? Sind das die gezielt mittelalterlichen Überlegungen?

Wie wir das Geschehen auch immer deuten mögen, die erzählerische Raffinesse und die Art und Weise wie die immer surrealer werdende Story in Szene gesetzt wird, zeugt von einem frischen Gestaltungswillen, der nach Meinung der Jury das Prädikat BESONDERS WERTVOLL verdient.