Für Sama

Kinostart: 18.06.20
VÖ-Datum: 25.09.20
2019
Filmplakat: Für Sama

FBW-Pressetext

FÜR SAMA ist ein intimer, persönlicher und zutiefst ergreifender Film während des syrischen Bürgerkriegs aus der Sicht einer jungen Frau und Mutter.

Als Waad Al-Kateab und ihr Mann Hamza mit ihrer kleinen Tochter Sama die Stadt Aleppo in Syrien verlassen, liegen hinter ihnen fünf Jahre, in denen sie mitansehen mussten, wie ihre Heimat von syrischen Truppen besetzt wurde, wie Menschen verfolgt und getötet werden. Fünf Jahre, in denen Hamza unter den schwierigsten Umständen versucht, als Arzt fast im Alleingang ein Krankenhaus am Leben zu erhalten. Und Waad alles auf Video festhält, was in Aleppo geschieht. Zunächst tut sie es, weil sie es als angehende Journalistin für ihre Pflicht hält. Nachdem Sama aber geboren wurde, tut sie es für sie. Um ihr zu erklären, warum es für sie so wichtig war, ohne Unterlass für ihre Heimat zu kämpfen. Waad Al-Kateab hat schon während der Belagerung ihr Videomaterial dem britischen Fernsehsender Channel 4 zur Verfügung gestellt und es nun gemeinsam mit dem Co-Regisseur Edward Watts aufbereitet – entstanden ist ein beeindruckendes Videotagebuch, das fesselt und erschüttert. Denn Waad Al-Kateab hält mit radikalem Mut alles fest, was um sie herum geschieht. Dazu gehören Szenen des Leids, des Sterbens und der Verzweiflung aufgrund einer aussichtslosen Lage. Doch ebenso sieht man Momente der Hoffnung, des Lachens, des Zusammenhalts. Und wenn die beste Freundin von Waad von ihrem Mann eine Khaki geschenkt bekommt, was in Zeiten der Belagerung, wo frisches Obst und Gemüse fehlen, ein Ding der Unmöglichkeit ist, dann spürt man, dass die fast kindliche Freude sich wie ein Sonnenstrahl in der ganzen Umgebung verbreitet. Und wenn man als Zuschauer wieder und wieder den Bombenalarm zu hören bekommt, der für Waad und Hamza bereits Alltag ist, dann begreift man, wieviel Mut diese Frau aufbringen muss, um die Zeitdokumente für die Außenwelt festzuhalten. Klar und konsequent folgt der Film der Erzählung der jungen Frau und ihrer Familie. Auf diese Weise hebt sich FÜR SAMA als Erlebnisbericht und Videotagebuch klar von einem klassischen Dokumentarfilm ab und strebt auch genau diese Wirkung an. Denn auf diese Weise macht der Film, sofern das überhaupt möglich ist, auf erschütternde Weise das Leben im Krieg und in der Belagerung greifbar. Mit all dem Grauen, aber auch all der Menschlichkeit. Und so stehen am Ende die Hoffnung und das Versprechen, eines Tages in die Heimat zurückzukehren. FÜR SAMA ist ein ergreifendes filmisches Zeitdokument. Und ein wichtiger Film.

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Waad al-Kateab; Edward Watts
Kamera:Waad al-Kateab
Schnitt:Waad al-Kateab
Musik:Nainita Desa
Länge:100 Minuten
Kinostart:18.06.2020
VÖ-Datum:25.09.2020
Verleih:Filmperlen
Produktion: ITN Productions, Channel 4; Frontline;
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Man kann diesen Film nur schlecht mit anderen Dokumentarfilmen vergleichen. Nicht nur seine Entstehungsgeschichte ist ungewöhnlich - Regisseurin Waad al-Kateab hat über mehrere Jahre hinweg in ihrer Heimat Syrien gedreht -, es sind vor allem die Aufnahmen selbst, die den Zuschauer absolut erschüttern: Szenen aus dem zuerst protestierenden, dann umlagerten und schließlich gnadenlos beschossenen und bombardierten Aleppo. Die einzelnen Aufnahmen sind von einer Unmittelbarkeit, der man sich als Zuschauer nicht entziehen kann; sie zeigen Schreckliches - in einer Szene bringen zwei Brüder, beide noch im Kindesalter, ihren dritten, von Trümmern getroffenen, leblosen Bruder ins Krankhaus -, aber auch überraschende Normalität - spielende Kinder, Mütter beim Kochen, rührend-feierliche Hochzeiten -, alles vor der Kulisse einer sich zusehends in Trümmer verwandelnden Stadt. Als die Proteste ausbrechen, ist Waad al-Kateab noch eine Studentin, die aus Spaß zur Kamera greift, aber als der Krieg beginnt und Aleppo zur umkämpften Stadt wird, dokumentiert sie tagebuchartig, als autodidakte Videobloggerin, was um sie herum geschieht. Dieser private, spontane Aspekt haftet dem Material noch an; er macht die nachhaltige Wirkung aus, die sich aus dem Gefühl ergibt, tatsächlich am Ort des Geschehens zu sein, mit all dem Schrecken, den das impliziert. Manche der Aufnahmen, so die Jury, gehen so sehr an die Nieren, dass man sich als Zuschauer fast auch wieder zum emotionalen Ausstieg gezwungen fühlt: Man kann nicht alles an sich heranlassen. So einschlägig ist die Wirkung des Dokumentierten, dass man fast übersieht, wie gestaltet der Film in seiner Gänze dann doch ist: Waad al-Kateab hat ihr Material in Form eines Briefs an ihre in Aleppo geboren Tochter Sama gebracht und durch Material eines Koregisseurs, des Filmemachers Edward Watts ergänzt. Diese Form, die ihre Parteilichkeit offen ausstellt, geht mit einer gewissen Manipulation einher, wie ein Teil der Jury kritisch anmerkte: Durch das Kind als Ansprechpartner wird dem Zuschauer wenig Freiheit gelassen, Dinge anders zu bewerten. Es gibt keine Orientierung über oder echte Einordnung der widersprüchlichen Kriegsereignisse. Aber auch wenn man sich an dieser radikalen Subjektivität des Films reiben kann, ist die Jury der Überzeugung, dass dieser Film ein ungeheuer wichtiges Zeitdokument ist, das man unbedingt gesehen haben sollte.