Jury-Begründung
Prädikat wertvoll
Persönliche Schicksalsschläge der Regisseurin Bianca Bodau, die im Gefolge der Wende auch ihrem eigenen Leben eine neue Wende gaben, waren der Auslöser für diesen Film über drei Familien, bei denen das Jahr 1989 ebenfalls zum Schicksalsjahr wurde. Wie werden Menschen mit drastischen Veränderungen fertig, die zwar politisch bedingt sind, aber auch bis in die Privatsphäre, den Alltag hineinwirken? Die drei Familien aus Halberstadt, Halle und von der Ostseeküste berichten über Veränderungen, Umwälzungen und Krisen in ihrem Leben, von Scheidungen und Krankheiten, von Verlust des Arbeitsplatzes, Neubeginn, von ihren Ängsten, Hoffnungen, von erfüllten und unerfüllten Träumen, von dem Wiedererlangen des seelischen Gleichgewichtes und von gescheiterten Illusionen. Alle Protagonisten, die von der Regisseurin offensichtlich mit großer Sorgfalt ausgewählt und interviewt wurden, wirken sie überzeugend und sympathisch, haben alle etwas zu sagen und vermeiden alle, was aber auch an der Gesprächsführung liegt, in Selbstmitleid oder in einen Ton zu verfallen, der an TV-Soap-Opern bzw. Doku-Dramen erinnert hätte. Diese Kunst, diese sehr unterschiedlichen Menschen – von der studierten Bauerntochter, deren Studienfach wir aber leider nicht erfahren, über den frühen NVA-Offizier, der jetzt Versicherungen verkauft, bis hin zur Leiterin einer Putzkolonne bei der Städtereinigung in Halle – zum Sprechen zu bringen, hat den Ausschuss vor allem bewogen, den Film mit einem Prädikat auszuzeichnen. Diese intensive Darstellung von Nach-Wende-Schicksalen gleicht zwar nicht alle Schwächen der Dokumentation aus, weckt jedoch Sympathie für den Film. Zu den Schwächen zählen Längen wie etwa das schier endlose Gespräch des Versicherungsvertreters mit einem von einem Wasserschaden betroffenen Kunden, der ständige, oft sehr abrupte Wechsel zwischen den einzelnen Protagonisten, der erschwert, am Ball zu bleiben und noch unterscheiden zu können, wer nun wer ist und wer zu wem gehört, der nicht immer gelungene Schnitt, bei dem zum Beispiel manche der Figuren unvorteilhaft nur schräg von hinten gezeigt werden, und die ständige Untermalung mit der auf Dauer etwas eintönig wirkenden Musik. Die Botschaft aber, dass manches erst durch Dauer Sinn erhält, kommt in einigen der schönen Momente dieses Films herüber, dessen Titel Frohe Zukunft sich auf zweierlei Weise interpretieren lässt: Zum einen als ironische Perspektive oder auch als durchaus ernsthafte Hoffnung, dass eben doch eines Tages sich alles wieder zum Besseren wenden wird.