Fließende Grenze

Filmplakat: Fließende Grenze

FBW-Pressetext

Der Schaalsee, 1980: Mitten durch das Gewässer verläuft die fließende Grenze zwischen der DDR und der BRD. Als eines Tages eine diese Grenze definierende Boje um wenige Zentimeter verschoben wird, muss alles wieder „richtiggerückt“ werden. Für diesen Zweck treffen ein junger, noch unsicherer Landvermesser aus dem Westen und ein erfahrener Landvermesser aus dem Osten aufeinander. Und schon bald beginnen sich nicht nur äußere Grenze zu verschieben. In ihrem Kurzspielfilm FLIESSENDE GRENZE behandelt die Filmemacherin Joana Vogdt ein Kapitel der deutsch-deutschen Geschichte und führt die Auseinandersetzung zweier politischer Systeme zurück auf eine sehr persönliche Ebene zwischen zwei Menschen, die Teil eben jener Systeme sind, ohne es selbst zu wollen. Die Hilflosigkeit der Charaktere, die von Uwe Preuss und Leon Ullrich kongenial und mit größtmöglicher Chemie verkörpert werden, zeigt sich in ihren unsicheren Gesten, in den scheuen Blicken und der Kargheit der Dialoge. Dem gegenüber steht die Steifheit des Protokolls, die Vogt mit den „Abgesandten“ beider Länder auf einem Boot in der Mitte des Sees verdeutlicht. Joana Vogdt gelingt es, die große Unbeholfenheit, die Absurdität und die Sinnlosigkeit der Situation mit starken atmosphärischen Bildern und einem genauen Blick für selbst kleinste Nuancen des Zwischenmenschlichen auf die Leinwand zu bannen. So entsteht überzeugendes Kurzfilmkino, das in nur 17 Minuten eine ganz große Geschichte aus unserer Geschichte erzählt.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Kurzfilm
Regie:Joana Vogdt
Darsteller:Leon Ullrich; Uwe Preuss; Hannes Hellmann; Patrick von Blume; Holger Daemgen; John Ludwig; Kai Ehlers; Detlef Mohr
Drehbuch:Joana Vogdt
Kamera:Jana Marsik
Schnitt:Dragan von Petrovi
Musik:Stan Koch
Länge:17 Minuten
Produktion: Kinescope Film GmbH, BR; Miko Film GmbH Faysal Omer;
Förderer:BKM; Nordmedia; KJDF; FFHSH

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Aus der Begründung der Jury:
Mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall erinnert nicht mehr viel an die Grenze, die einst West und Ost trennte. Und mit dieser Grenze sind auch Gefühle, Stimmungen und Gedanken vieler Menschen entlang der Grenze verschwunden. Joana Vogdts FLIESSENDE GRENZE lässt noch einmal die Gefühle und Ressentiments der Menschen dies- und jenseits der Grenze aufleben.

Als Landvermesser Leisering seinen Job für den westdeutschen Grenzschutz antritt, wird er nicht nur Zeuge der täglichen Routine, sondern auch eines nicht ganz alltäglichen Vorfalls. Während eines Sturmes hat sich auf dem Schaalsee eine Boje gelöst, die zuvor die Grenze zwischen BRD und DDR gekennzeichnet hat. Ehe er sich versieht, sitzt er auf einem Boot zur Wassergrenze der beiden deutschen Staaten. Seine Aufgabe: die genaue Grenzlinie auszuloten, damit die Boje wieder den exakten Grenzverlauf anzeigen kann.

Mit guter Kamera und in wirklich sorgfältig gewählten Bildern nähert sich Joana Vogdt ganz vorsichtig einem Stück deutsch-deutscher Vergangenheit. Der erste Tag in der westdeutschen Grenzwache, die gängigen Protokolle, das Aufeinandertreffen von ost- und westdeutschen Sicherheitskräften auf dem See und schließlich, abseits der Überwachung durch Vorgesetzte, eine vorsichtige Annäherung zweier Landvermesser aus beiden Teilen Deutschlands. Nach Ansicht der Jury gut gewählte Motive, die ein Verständnis für die Figuren und dass sie umgebende Misstrauen sicher transportieren. Immer wieder sind der Jury dabei Details ins Auge gesprungen, die zum Gelingen der Inszenierung beigetragen haben. Einen weiteren Anteil am szenischen Gelingen hat dabei sicherlich auch das Color Grading, das die Atmosphäre und Emotionen von der Titelsequenz bis hin zum Schluss unterstützt.


Auch wenn der Film erst Jahrzehnte nach dem Fall der innerdeutschen Grenze gedreht wurde, vermag er in nur 17 Minuten wichtige Einblicke in das gegenseitige Miss- und vor allem aber auch Vertrauen diesseits und jenseits der Grenze zu gewähren.

Aufgrund seiner eindeutigen inszenatorischen und darstellerischen Qualitäten verleiht die Jury dem Film gerne das Prädikat „wertvoll“.