Feuerreiter
1998
Kurzbeschreibung
Episoden aus dem Leben des Dichters Friedrich Hölderlin, der von1796 - 1798 bei einem Bankier in Frankfurt, in dessen Ehefrau er
sich unsterblich verliebte, als Hauslehrer tätig war und
zunehmend unter Geistesstörung litt.
Filminfos
Kategorie: | Spielfilm |
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Regie: | Nina Grosse |
Länge: | 132 Minuten |
Verleih: | Progress |
Produktion: | Provobis Gesellschaft für Film und Fernsehen mbH, Provobis Gesellschaft für Film und Fernsehen mbH, Berlin Flach Film, Paris/Filmowe Studio Tor, Warschau/Canal Plus, La Sept Cinéma, Paris/Arte, Straßburg |
FSK: | 12 |
Jury-Begründung
Der Hauptausschuß hat einstimmig die Erteilung des höchstenPrädikats abgelehnt.
Der Hauptausschuß hat das Gutachten des Bewertungsausschusses und
die Widerspruchsbegründung zur Kenntnis genommen.
Nina Grosses Film beschreibt die Lebenskrise des Dichters
Hölderlin, seine Liebe zu der Frankfurter Bankiersgattin Susette
Gontard - die er in seiner zu dieser Zeit geschaffenen
Hyperion-Dichtung 'verewigte'-, und ihr Scheitern an den
gesellschaftlichen Umständen. Eingebettet ist diese Lebensphase
von 1796 - 1802 in die Schilderung des historischen und
topografischen Milieus, die die Französische Revolution in den
deutschen Nachbarländern bewirkt und mit der Hölderlin und sein
Freundeskreis, insbesondere sein Gönner und auch Liebhaber Baron
Sinclair, sympathisieren.
Die Ziele der Inszenierung sind deutlich und filmisch konsequent
umgesetzt: ohne Zweifel erkennt auch der Hauptausschuß die
unbedingte Sorgfalt, Genauigkeit und Einfühlsamkeit der
Produktion an. Die handwerklichen und künstlerischen Ambitionen
sind außerordentlich hoch, der Stoff erscheint fast perfekt
umgesetzt, jede Szene ist bis ins letzte Detail ausgefeilt. Die
Besetzung der Rollen ist wohlüberlegt und die darstellerischen
Leistungen erscheinen überzeugend (insbesondere Ulrich Mühe als
Bankier Jacob Gontard und Ulrich Matthes als Baron Sinclair).
Vorbehalte erntet Martin Feifel, mit dem Hölderlin als robuster
und vitaler Mann "gegen den Strich" besetzt ist, dessen
Glaubwürdigkeit als Dichter aber zunehmend verliert ("blutleer").
Die Qualitäten der Inszenierung des Films sind jedoch auch seine
Fallstricke: nach wunderbar poetischen Anfangssequenzen verliert
sich der Film zunehmend in seinem Perfektionsanspruch, folgen die
Szenen gleichförmig aufeinander, findet die Dramatik der
zwischenmenschlichen Ereignisse keinen entsprechenden
dramaturgischen Spannungsbogen, zerfällt das Timing in
Einstellungsfolgen.
Auch gelingt nicht wirklich, in der Figur des Hölderlin
lebensgeschichtliche, politisch-zeitgeschichtliche Situation und
künstlerische Existenz zu integrieren: die poetische Vision
bleibt zunehmend auf der Strecke. Der Dichter wird nicht wirklich
"lebendig" für unsere Zeit. Besonders enttäuschend ist in dieser
Hinsicht die zentrale Szene der Dichterlesung, die Sinclair
arrangiert, um einem wichtigen öffentlichen Personenkreis - und
uns - von der revolutionär-neuartigen Poesie seines Schützlings
zu überzeugen.
Das große Talent der Regisseurin ist in jeder Szene des Films
spürbar und der Hauptausschuß hat große Sympathie für eines der
anspruchsvollsten und schwierigsten Projekte des deutschen Films
seit langer Zeit. Gleichwohl erscheint die Beurteilung
"wertvoll" dem Hauptausschuß einstimmig angemessen.
Im Entwurf gezeichnet:
Rautenberg
(Gesa Rautenberg)
stellv. Vorsitzende
Als Beisitzer haben an der Begutachtung mitgewirkt:
Bernd Brauksiepe
Jörg Bundschuh
Hasso Hartmann
Udo Klein