Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Das titelgebende „faxen“ ist eine Kommunikationsform, die die Insassen der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen für sich entwickelt haben. Der Regisseurin Lisa Domin gelingt es, diese weitgehend in einer langen Einstellung zu dokumentieren. Darin zeigt sie eine junge Frau in Rückenansicht, die in weitausholenden Gesten mit einem zuerst verborgenen Partner kommuniziert. Sie steht am Rande eines Sportplatzes, in der Entfernung ist eine Häuserfassade zu sehen. Die Aufnahme irritiert, weil die Zeichensprache nicht zu entziffern und der Adressat nicht auszumachen ist. Erst nach einiger Zeit wird durch einen Zoom erkennbar, wohin die Protagonistin ihre Botschaften sendet und wie von dort geantwortet wird. Mit der Zeit wird auch erkennbar, dass hier sehr schnell einzelne Buchstaben „in die Luft gemalt“ werden, und es Kürzel wie ein Winken als Abschiedszeichen gibt. Später werden die gesendeten Botschaften dann nicht in Unter- sondern in Nachtiteln entschlüsselt. Eine Pointe besteht darin, dass die Protagonistin darüber „faxt“, dass und wie sie gerade gefilmt wird. Schließlich bricht Lisa Domin mit ihrer strengen Form, um eher klassisch in einer Schnittfolge zu zeigen, wie, wann und wo diese Kommunikationsform sonst noch genutzt wird. Der Film überzeugt durch seine ungewöhnliche Perspektive, seine radikale Kargheit und dadurch, dass er konseqent zeigt und nicht erklärt.