Filmplakat: Eyes and Horns

FBW-Pressetext

Die Transformation des übermännlichen Minotaurus, inspiriert von Picassos Druckserie "Vollard Suite", führt zur Auflösung der Grenzen zwischen den Geschlechtern. Das Männliche wandelt sich, Details der Körper wecken Assoziationen, das Sinnliche des Aktes erschafft neue Formen und Bewegungen. Der Kurzexperimentalfilm EYES AND HORNS beeindruckt durch seine assoziative visuelle Kraft und den sogartigen Rhythmus, der auch von der fast hypnotisch wirkenden musikalischen Untermalung herrührt. Wie ein schwebender Tanz wirken die Bildübergänge des Films – doch trotz dieser Leichtigkeit und Anmut vermittelt sich die Botschaft einer Auflösung der Geschlechtergrenzen mit Nachdruck. Ein üppiges filmisches Fest für alle Sinne.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Chaerin Im
Kamera:Chaerin Im
Schnitt:Fabian Driehorst; Chaerin Im
Musik:Karie Jacobson; Drew Kowalski
Länge:6 Minuten
Produktion: Fabian&Fred GmbH Fabian Driehorst, Chaerin Im

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Augen, Geschlechtsteile, sich umarmenden, ineinander verschlingende Körper, die im Rhythmus einer extrem treibenden Musik in immer ekstatischer Form miteinander verschmelzen. Der Animationsfilm EYES AND HORNS von Chaerin Im stellt für die Zuschauenden eine große Herausforderung dar – und zugleich einen außerordentlichen sinnlichen Genuss. Grundlage sind in feinen weißen Linien auf leuchtendem Blau gezeichnete Akte, die spontan mit Picasso assoziiert werden können, jedoch ein rasantes Eigenleben entfalten. Sind anfangs noch unterschiedliche, mit sich und miteinander ringende Körper und Geschlechter zu erkennen, so bilden sich in einem suggestiven Rausch immer neue Formen und Bewegungen, die alle Begrenzungen aufheben und schließlich ein Wesen erkennen lassen, das sich der binären Geschlechtsnorm zu entziehen scheint. Dabei schafft die Animation fließende Übergänge und lässt die Figuren leicht und schwebend erscheinen, während der packende Soundtrack einen sogartigen Rhythmus entfaltet. Gleichzeitig ist der Film explizit in seiner Darstellung und macht eindringlich deutlich, dass der Kampf der Geschlechter mit gewaltiger Leidenschaft geführt wird.

Es spricht für Mut und Selbstbewusstsein der Regisseurin und Animatorin Chaerin Im, dass sie in ihrem Abschlussfilm die Auseinandersetzung mit dem Werk des wohl berühmtesten Künstlers der Klassischen Moderne sucht. Pablo Picassos in den 1930er Jahren entstandenen Radierungen der „Suite Volland“, in denen er Themen wie den Geschlechterkampf zwischen Mann und Frau sowie den Mythos vom Minotaurus aufgegriffen hatte – einer Figur, in der er sein Alter Ego sah. Künstlerisch hat Chaerin Im mit handgezeichneten Einzelbildern, die auf Plexiglas übertragen und anschließend gescannt werden, eine ganz spezielle Technik entwickelt, die sich auf Arbeitsweisen von Picasso bezieht und durch seine Lichtmalerei inspiriert ist. Inhaltlich unterzieht sie sein Werk einer radikalen Neuinterpretation, indem sie nicht nur die Frauenfigur aus dem männlichen Blickwinkel befreit und zur gleichberechtigten Kämpferin macht, sondern auch das Diverse Geschlecht einführt. Das ist ebenso faszinierend wie erkenntnisreich.