Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Warum sollen eine Maus und ein Bär nicht glücklich zusammenleben? Diese Frage wird in diesem mit zartem Strich gezeichneten und einfallsreich animierten Kinderfilm auf eine bezauberte Art und Weise beantwortet. Mäuse und Bären leben in zwei unterschiedlichen, komplex erdachten und gezeichneten Welten. Über der Erde leben die Bären wie bürgerliche Franzosen und der Ausreißer Ernest, der kein Bourgeois sein will, sondern eine Künstlerseele hat, lebt wie ein Clochard von dem, was ihm auf der Straße gegeben wird. Unter der Erde leben die ärmeren Mäuse, aber auch hier gibt es Ärzte, ein Gericht und ein Waisenhaus, in dem die kleine Célestine die Gruselgeschichten nicht glaubt, die die strenge Aufseherin den Mäusekindern zur Schlafenszeit erzählt. Auch sie hat ein künstlerisches Talent und so zeichnet sie die Idylle zwischen Bär und Maus und versucht, das so von ihr Erträumte in der Realität zu verwirklichen. Zähne spielen sowohl bei den Bären wie bei den Mäusen eine große Rolle, und Zähne sind es auch, die beide Gesellschaften miteinander verbinden. Die Mäuse holen sich die ausgefallenen Zähne der jungen Bären, die dann älteren Nagern als Prothesen eingesetzt werden. Durch die Suche nach solchen Zähnen kommt Célestine in die Welt der Bären und trifft dort Ernest, zu dem sie bald eine tiefe, aber nicht unkomplizierte Freundschaft verbindet. In beiden Gesellschaften ist solch eine Verbindung ein Tabu, und so kommt es oben und unten zu pompösen Gerichtsprozessen, bei denen Ernest und Célestine zuerst angeklagt und schließlich als Retter gefeiert werden. Beeindruckend ist, wie kindgerecht aber nicht einfach hier erzählt wird. Die Abenteuer der beiden Freunde sind voller einfallsreicher Finten wie etwa jener, dass eine Bärenfamilie in zwei gegenüberliegenden Läden sowohl Süßigkeiten wie auch Ersatzzähne verkauft und so für die eigene Umsatzsteigerung sorgt. Es gibt auch schöne; zeichnerische Einfalle wie das Auto, das unsichtbar wird, nachdem es so angestrichen wird wie die es umgebende Landschaft. Auch die Dialoge sind alles andere als kindtümelnd, sondern geistreich und zum Teil voller zärtlicher Poesie. Bei ERNEST & CÉLESTINE ist das Filmbild so angefüllt mit originell gezeichneten Details, dass er auf die große Leinwand gehört.