Endling

Filmplakat: Endling

FBW-Pressetext

Armin Kobzcick hat sein gesamtes erwachsenes Leben im Steinkohlebau gearbeitet. Das ist alles, was er kennt und alles, was er tun will. Doch nun schließt Armins Zeche für immer und für den ehemals so stolzen Mann gibt es keine Perspektive mehr. Sein Sohn wird im Ausland arbeiten, seine Frau freut sich auf mehr Zeit mit ihrem Mann – doch für Armin verliert das Leben seinen Sinn. Und so fasst er einen einsamen Entschluss. Im englischen Sprachgebrauch steht das Wort „Endling“ für das letzte Exemplar einer aussterbenden Art. Ein passender Titel für den 30-minütigen Kurzspielfilm von Alex Schaad. Denn mit der letzten Steinkohle-Zeche in Deutschland ist auch ein ganzer Berufszweig einfach ausgelöscht worden. Alex Schaad und sein Bruder Dimitrij, der das Drehbuch mitverfasst hat, zeigen die Ausweglosigkeit der Situation der Arbeiter. Das Ende von Existenzen, das Ausbleiben von Perspektiven, das Fehlen einer Lebensaufgabe – es sind Verzweiflung und eine tiefe Traurigkeit, die daraus resultieren und sich im Gesicht von Armin abzeichnen, den Bernd Grawert mit großer Eindrücklichkeit verkörpert. Das gesamte Ensemble spielt überzeugend, die Gesten der Familie untereinander erscheinen natürlich und authentisch, die Szenen unter Tage wirken fast dokumentarisch, verlieren aber nie ihre inszenatorische Faszination. Jedes Bild ist sorgfältig ausgeleuchtet und von einer glänzenden Kamera eingefangen, das dazu gewählte Sound-Design unterstützt die atmosphärische Dichte. ENDLING erzählt seine Geschichte über eine bestimmte Region, ein bestimmtes Milieu und eine bestimmte Zeit. Und dies gelingt ihm auf beeindruckende und bewegende Weise. Starkes Kurzfilmkino.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama; Kurzfilm
Regie:Alex Schaad
Darsteller:Bernd Grawert; Imogen Kogge; Dimitrij Schaad; Friederike Becht; Ronny Miersch; Paul Wollin
Drehbuch:Dimitrij Schaad; Alex Schaad
Kamera:Ahmed El Nagar; Franziska Köppel
Schnitt:Franziska Köppel
Musik:Richard Ruzicka
Länge:30 Minuten
Produktion: Donndorfilm Richard Lamprecht, Bayerischer Rundfunk; HFFMünchen;

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Alex Schaads mittellanger Film »Endling« erzählt davon, wie Veränderungen durch Fortschritt und Entwicklung Menschen überrollen können, wie schnell abgehängt und zum alten Eisen gezählt werden kann, wer nicht schnell genug zur Anpassung bereit ist. Schaad erzählt davon anhand der Schließungen der Kohlegruben in Deutschland. Sein Protagonist Armin hat den Beruf des Bergmanns geliebt und mit allen Fasern seines Körpers gelebt – so sehr, dass das Ende des Bottroper Bergwerks ihn in eine Perspektivlosigkeit entlässt, für die er keine Alternative mehr sieht. Besonders auf visueller Ebene ist »Endling« ein großer Genuss: Originalmotive wie die Bergmannsiedlung, der Umkleideraum oder der Stollen unter Tage sind eindrucksvoll, die Bildkompositionen aufwändig und stilsicher gebaut. Die authentische Szenerie, die mit großer Hingabe für Details ausgestattet ist, vermittelt ein ebenso stimmiges Gefühl für das Milieu wie die Schauspieler und ihre Dialoge im Ruhrdeutsch. Alle Elemente zusammen zeugen von der Liebe der Macher·innen zu ihren Figuren, dem Milieu und der Geschichte, was »Endling« zusätzliches Gewicht und Glaubwürdigkeit verleiht. Zudem bietet das Drehbuch eine wunderbare zweite Ebene an, auf der es seine Hauptfigur wiederkehrend in den Kontext des »Sterntaler«-Märchens setzt. Der Münz-Regen als Ausgleich für ein aufopfernd geführtes Leben – in feine Ironie gepackt wirkt diese Anspielung wohltuend über das Ende des perfekt getimten Films hinaus.