FBW-Pressetext

Abseits der etablierten Medien produziert, ist dies ein Stück Gegenöffentlichkeit in bester Tradition. Sehr informiert und eloquent bringen die Protagonisten nahe, was es heute heißt, am unteren Rand der Gesellschaft leben zu müssen. Anschaulich und anrührend beobachtet der Film vier Schicksale über ein halbes Jahr: ein blindes Ehepaar, eine arbeitslose Schauspielerin, einen an Muskelschwund leidenden Mann. Sie alle verharren nicht in Passivität oder Larmoyanz, sie haben uns etwas zu sagen.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Alexander Kleider; Daniela Michel
Drehbuch:Alexander Kleider; Daniela Michel
Länge:47 Minuten
Produktion: DOK-WERK filmkooperative GbR c/o B.L.O. Ateliers

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Ein sarkastischer Prolog: eine Kundgebung des Bundesverbandes der deutschen Industrie. Die gut betuchten Herren applaudieren zum Beispiel den Sätzen: „Die Stimmung in Deutschland müssen wir ändern … Ein Ruck muss durch das Land gehen.“

„Eiszeit“ dokumentiert dann diesen sogenannten „Ruck“, den größten Einschnitt in den deutschen Sozialstaat, einen politisch-sozialen Wertewandel par excellence: Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, „oben“ und „unten“.

Der Film begleitet vier Menschen ein halbes Jahr, die an den neu entstandenen Rändern der Gesellschaft leben: ein blindes Ehepaar, eine arbeitslose Schauspielerin, einen an Muskelschwund leidenden Mann.

„Wir haben bewusst Menschen gesucht“, so die Autoren, „die nicht in die typische Opferrolle passen … Wir zeigen, dass man den Stand einer Gesellschaft daran messen kann, wie sie mit eben diesen Menschen umgeht.“

Die Protagonisten artikulieren klar ihre konkreten Ängste und Zwänge, aber sie wehren sich auch, verharren nicht in Passivität oder gar Larmoyanz. Der Film dokumentiert ihre Befindlichkeit ohne Kommentar, nüchtern pointiert: „Wir fühlen uns wie auf einer Rutschbahn.“

Der Film wurde von einer Filmkooperative produziert, abseits der „etablierten“ Medienszene und mit dem klaren Ziel, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen.

„Eiszeit“ stellt sich bewusst in die Traditionen eines linken Agitprop-Kinos – mit bemerkenswerter Genauigkeit und Emotionalität.