Filmplakat: Dvalemodus

FBW-Pressetext

Im Dezember dauert eine Nacht in Norwegen fast 18 Stunden. Das Sonnenlicht, das auch für Leben steht, ist nur selten zu sehen, die Menschen befinden sich, ebenso wie das Land, in einem schier nicht enden wollenden Winterschlaf. Alles, was sie tun können, ist warten. Und die Geräusche ertragen, die immer um sie herum sind. Die Geräusche der Wellen, der Fabriken, der Natur. Die Filmemacher Bieke Depoorter und Mattias De Craene haben für DVALEMODUS, was so viel wie „Winterschlaf“ heißt, drei Wochen lang in und um ein Hotel im Norden Norwegens gefilmt. Entstanden ist ein fast schon kontemplatives Werk voller düsterer Aufnahmen, die trotz aller Schwere und Dunkelheit auch eine sinnliche Wirkung entfachen. Die Protagonisten werden in ihrer Einsamkeit inmitten der Innenräume eingefangen, sie sind umgeben von Objekten, die sich bewegen, und doch eine Art Winterstarre suggerieren. Die Bilder wirken hart, fast Gemälden gleich, doch in ihrem montierten Zusammenspiel wirken sie wie eine zarte suggestiv anmutende Komposition. DVALEMODUS ist eine präzis fotografierte und exakt inszenierte Beobachtung eines Lebensraums, der auf das Leben wartet.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Bieke Depoorter; Mattias De Craene
Drehbuch:Bieke Depoorter; Mattias De Craene
Kamera:Bieke Depoorter
Schnitt:Nina de Vroome; Gregoire Verbeke
Musik:Mattias De Craene
Länge:9 Minuten
Produktion: Fabian&Fred GmbH Fabian Driehorst
FSK:oA

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Dass auch die Bewohner des hohen Nordens Probleme mit der winterlichen Kälte und Dunkelheit haben, ist bekannt. Was dies für die dort lebenden Menschen aber wirklich bedeutet, das haben Bieke Depoorter und Matthias De Craene in ihrem neun Minuten dauernden Experimentalfilm perfekt in Szene gesetzt.

„Dvalemodus“, so wird auf Norwegisch der Winterschlaf bezeichnet, aber mit Dvalemodus bezeichnen Norweger auch den Energiesparmodus ihrer Computer. Und tatsächlich wirken die kurzen Szenen in Bieke Depoorters und Matthias De Craenes Film geradezu energiearm. DVALEMODUS entführt seine Zuschauer in die winterliche Einsamkeit eines norwegischen Dorfes. Gefangen zwischen hohen Bergen und Meer trotzt es dem Tosen der Natur. Während draußen Eiseskälte herrscht, scheint im Innern der geheizten Behausungen die Zeit sehr, sehr langsam zu verstreichen.

Nach einer kurzen Einleitung reihen Depoorter und De Craene kurze, zumeist weniger als 20 Sekunden dauernde Einstellungen aneinander. Panoramen der bizarren, nächtlichen Landschaft, Halbtotalen von Menschen in karg möblierten Zimmern. Beleuchtungen flackern, eine Maschine dreht sich, einige Wolken treiben vorbei. Nur selten finden sich große Bewegungen. Nie aber zwei Menschen zugleich in einer Einstellung. Die Einsamkeit und das Warten auf Frühling und Aufbruch scheinen der Jury greifbar.

Depoorter und De Craene arbeiten mit extrem gut ausgeleuchteten Einstellungen. Ihre Bilder bestechen durch kontemplative Hingabe an Zeit und Raum. In der Filmdiskussion lobte die Jury ausdrücklich Kameraeinstellung, Schnitt und Motivwahl, mit denen die Filmemacher den Inbegriff von Winterschlaf oder Energiesparmodus, bzw. winterlicher Zurückgezogenheit geschaffen haben. Und auch auf der Tonebene kann DVALEMODUS die Jury überzeugen. Zumeist sind nur atmosphärische Hintergrundgeräusche vernehmbar. Das Rauschen von Heizung oder Klimaanlage, der Ton aus einem Fernseher, das Mahlgeräusch einer Maschine oder die Brandung des stürmischen Meeres. Schließlich folgen in Ton und Bild ein singendes Mädchen und der Umschnitt auf einen Berggipfel – augenscheinlich von einer Vorlage abgefilmt.

Während der Sichtung fühlte sich die Jury mitunter an die hypnotische Wirkung von David Lynchs TWIN PEAKS erinnert. DVALEMODUS birgt einen Mystizismus, spielt mit dem Unheimlichen, dem Gigantischen der Natur und der Zerbrechlichkeit der Menschen in ihren Behausungen. Für so viel Sinn für Zeit und Ort hat die Jury gerne das höchste zu vergebene Prädikat verliehen.