Doom Cruise

Filmplakat: Doom Cruise

FBW-Pressetext

Die Kapitänin weiß, dass es bald zu Ende geht. Das Schiff wird untergehen und mit ihm alle Passagiere. Doch wie hierfür die richtigen Worte finden? Während die Kapitänin immer verzweifelter nach einer passenden Formulierung sucht, scheint sich ein Passagier verlaufen zu haben und begibt sich immer weiter ins Innere des Schiffs. Und ein Kind ist entschlossen, einem gerade erst verstorbenen Vogel einen schönen letzten Moment zu bereiten. Expressive Farben und Formen, eine komplexe und in sich verschachtelte Erzählung und eine stimmungsvolle Tonebene voller gefühlvoll dargebrachter Lieder: Der Kurzanimationsfilm DOOM CRUISE von Hannah Stragholz und Simon Steinhorst führt in 17 Minuten durch so viel mehr als die einzelnen kleinen Geschichten. Alles, was erzählt wird und jeder, von dem erzählt wird, kann stellvertretend für das große Ganze gelten. Die Menschheit, die auf ihr Ende zusteuert und sich dennoch hemmungslos dem Vergnügen hingibt, die Verantwortlichen, die versagt haben und nun nicht wissen, wie sie es erklären können – und die kindliche Unschuld, die für all das nichts kann und versucht, so viel Schönheit wie möglich zu erleben. Ein konsequentes Animationskonzept, das geschickte Spiel mit einer Atmosphäre zwischen Angst und gleichzeitiger Seelenruhe und ein Ende, dass die Betrachtenden mit eigenen assoziativen Gedanken entlässt. So wird aus DOOM CRUISE ein feines filmisches Meisterstück.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Simon Steinhorst; Hannah Stragholz
Drehbuch:Olivia Schrøder
Kamera:Hannah Stragholz; Simon Steinhorst
Schnitt:Hannah Stragholz; Simon Steinhorst
Musik:Marcus Zilz; Elisa Kühnl
Länge:16 Minuten
Produktion: Studio Corallo Hannah Stragholz & Simon Steinhorst
FSK:6
Förderer:Film- und Medienstiftung NRW

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.

Ein Kreuzfahrtschiff fährt seinem Untergang entgegen. Das weckt Assoziationen an die Titanic und an das Boot, das in zahlreichen Mythen die Gestorbenen ins Totenreich übersetzt. Das Ende ist hier offensichtlich auch das Ende der Welt, und so wie sich darin alles im Chaos auflöst, gibt es auch keine Geschichten, die darüber noch erzählt werden können. Dementsprechend verweigern Simon Steinhorst und Hannah Stragholz hier auch eine „ordentliche“ Dramaturgie und präsentieren stattdessen eine Reihe von Momentaufnahmen von der unausweichlich kommenden Apokalypse. Die Kapitänin kann die richtigen Worte für ihre letzte Durchsage an die Passagiere nicht finden, die Bordunterhaltung besteht nur noch aus einem Sänger, der die fürchterliche Situation noch am Ehesten mit dem „Oh Weh, Oh Weh“ zusammenfassen kann, ein Passagier verirrt sich in den Gängen und Decks des Schiffes und eine Reihe von Kindern begeht mit Keksen und Musik eine ganz eigene Trauerfeier – sowohl für einen toten Vogel wie auch für sich und die Welt. An einem Tisch sitzen Dinosaurier und debattieren darüber, dass auch sie aussterben werden – und spätestens hier wird deutlich, dass die Filmemacher*innen sich mit Sinnbildern der Situation annähern, in der sich alles in Dunkelheit und Stille auflösen wird. Entsprechend minimalistisch und zeichenhaft ist dann auch die Gestaltung der Filmfiguren, die gerade noch als humanoid (oder eben reptiloid) erkennbar sind. Steinhorst und Stragholz gelingt es, eine Stimmung des Absurden und des Unheils zu schaffen. Zum Teil durch solche surrealen Bildfindungen wie ein Herz, das anstelle eines Motors das Schiff antreibt – jenes Schiff, das sich schließlich in einem schwimmenden Sarg verwandelt. Nur die Kinder sprechen noch miteinander und sind dazu fähig, ein letztes Mal etwas Schönes zu schaffen und zu erkennen. Mit seiner düsteren, fatalistischen Schönheit hat auch DOOM CRUISE die Jury fasziniert und überzeugt. Und so vergibt sie sehr gerne das höchste Prädikat.