Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

Kinostart: 26.10.23
VÖ-Datum: 08.02.24
2023
Filmplakat: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

FBW-Pressetext

Die Bestselleradaption erzählt mit poetischer Leichtigkeit, brillierenden Hauptdarstellern und zartem britischen Humor die Geschichte eines Mannes, der durch das Laufen Hoffnung schöpft. Für seine todkranke Freundin, aber auch für sich. Ein tief berührender Film über das Resümee eines Lebens - mit allen Freuden und Fehlern.

Alles beginnt mit einem Brief, den Harold Fry, weit über 60, im Ruhestand, gewöhnt an sein wortkarg eingefahrenes Leben mit seiner Frau Maureen, erhält. Queenie, eine ehemalige Kollegin und gute Freundin, liegt in einem Hospiz im Sterben. Harold ist tieftraurig. Denn es gibt noch so viel, was er Queenie sagen will. Und so entscheidet sich Harold, zu ihr zu gehen. Zu Fuß. Die ganzen 600 Meilen nach Berwick-upon-Tweed. Immer wieder ruft er im Hospiz an, Queenie solle nicht aufgeben, auf ihn warten. Und während Harold auf seiner ungewöhnlichen Reise durch England den verschiedensten Menschen begegnet, erinnert er sich: An sein Leben, seine Ehe, seinen Sohn. Und all die Fehler, die ein Leben eben mit sich bringt.

Im Jahr 2012 war der Roman von Rachel Joyce ein weltweiter Erfolg. Die Filmemacherin Hettie McDonald hat nun, zusammen mit Joyce selbst als Drehbuchautorin, die Geschichte für die große Leinwand adaptiert. Dabei ist es gelungen, sowohl den leisen Humor als auch die warme und liebevolle Grundstimmung der Vorlage zu übertragen. Fast ein wenig märchenhaft wirken die Begegnungen Harolds, dabei löst jede einzelne von ihnen Erinnerungen in ihm aus, die sich durch immer stärker aufblätternde Rückblenden wie ein Puzzle zu einem dramatischen Ganzen zusammensetzen. Dass der Film neben einer poetisch-leichten Erzählung nie die Bodenhaftung verliert, liegt an dem kongenialen Hauptdarsteller-Paar. Jim Broadbent wirkt wie die einzig mögliche Besetzung für Harold Fry: Mit einem scheu-treuseligen Blick, der immer auch ein wenig Melancholie und Bedauern ob der verpassten Chancen ausdrückt, und einem Auftreten irgendwo zwischen Altersmilde und Alterstrotz verkörpert Broadbent einen Mann, der nie gelernt hat, über seine Gefühle zu sprechen und alles mit sich selbst ausmachen musste. An seiner Seite die wie immer großartige Penelope Wilton, die als Maureen wortlos zurückgelassen wird und sich zurechtfinden muss in einem Heim, das schon lange nur noch erfüllt ist von Stille. Wie sie sich über Harold entrüstet, ihm beisteht, ihn bestärkt und ihn gleichzeitig beschimpft, ist eine darstellerische Meisterleistung. Das Ensemble an Nebenfiguren überzeugt, die Kamera von Kate McCullough fängt die wunderschöne Landschaft Englands malerisch und ohne zu viel touristischen Kitsch ein. Die Geschichte selbst „wandert“ mit großer Ruhe und nimmt sein Publikum von Anfang bis Ende mit. Ein Film, der glücklich macht!

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Hettie Macdonald
Darsteller:Jim Broadbent; Penelope Wilton; Linda Bassett; Earl Cave; Joseph Mydell
Drehbuch:Rachel Joyce
Buchvorlage:Rachel Joyce
Kamera:Kate McCullough
Schnitt:Jon Harris; Napoleon Stratogiannakis
Musik:Ilan Eshkeri
Webseite:constantin.film;
Weblinks:kinofans.com;
Länge:109 Minuten
Kinostart:26.10.2023
VÖ-Datum:08.02.2024
Verleih:Constantin Film Verleih GmbH
Produktion: Essential Cinema, Free Range Films; Ingenious Media; Rose Pine Productions;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Im Jahr 1974 wanderte der deutsche Filmemacher Werner Herzog von München nach Paris, um so die todkranke von ihm verehrte Filmhistorikerin Lotte Eisner zu retten. In ihrem Bestseller „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“ erzählt die Autorin Rachel Joyce eine ganz ähnliche Geschichte und schickt einen unscheinbaren, über 6o-jährigen Antihelden auf den Weg von seinem Heimatort zu dem über 600 Meilen entfernten Hospiz, wo eine alte Freundin von ihm im Sterben liegt. Hettie MacDonald hat den Stoff als ein Roadmovie im Wanderschritt angelegt, bei dem der Titelheld eine Reihe von interessanten Menschen trifft, die ihm helfen und ihn inspirieren. Es gelingt ihr, deutlich zu machen, dass Harold Fry vor allem eine innere Reise unternimmt, durch die er sein eigenes Leben, sein Verhältnis zu seiner Frau und seine Schuldgefühle wegen des Schicksals seines drogensüchtigen Sohnes mit einem reiferen und tieferen Verständnis verarbeiten kann. Mit Jim Broadbent hat Macdonald einen Hauptdarsteller gefunden, der diese Verwandlung mit sehr subtilen schauspielerischen Mitteln ausdrückt. Mit einer ähnlichen Tiefe und Verletzlichkeit spielt auch Penelope Wilton seine Ehefrau, die durch Frys Pilgerreise in eine Krise gestürzt wird und dabei, obwohl sie zu Hause bleibt, eine ähnlich existentielle Veränderung durchmacht wie ihr Ehemann. Macdonald gelingt es, die Natur und die britischen Landschaften so in Szene zu setzten, dass sie stimmig den Gemütszustand des Protagonisten widerspiegeln. Dabei übertreibt sie es vielleicht, so die Jury, ein wenig mit der religiösen Symbolik und auch die durchbrechenden Sonnenstrahlen bei Frys Erleuchtungsmomenten erhellen ein wenig zu oft die Leinwand. Doch von diesen kleinen kritischen Einwürfen abgesehen ist es Macdonald gelungen, mit der Verfilmung des erfolgreichen Romans eine zutiefst menschliche Erweckungsgeschichte auf die Leinwand zu bringen.