Die schöne Tote
FBW-Pressetext
In Krimiserien sterben Menschen. Sie sterben durch das Messer, eine Pistole, einen stumpfen Gegenstand, die Hand des Mörders. Und wenn die Opfer weiblich sind, dann gehen sie meist in bezaubernder Eleganz dahin. Auf dem Bett drapiert. Oder auf dem Fußboden, den linken Arm und das rechte Bein in Grazie abgewinkelt. Ihr Blut korrespondiert perfekt mit den rötlichen Lippen, der vornehmen Blässe der Haut und der Farbe der Spitzenunterwäsche. Schon komisch, wie schön ein Tod sein kann. Wenn man ihn nur ins rechte Licht setzt. Für seinen neuen Found-Footage-Film hat der Filmkünstler Jan Soldat in akribischer Kleinstarbeit die deutsche Krimiserie EIN FALL FÜR ZWEI seziert und alle weiblichen Todesopfer aus 300 Episoden (1981-2013) ‚aneinandergereiht‘. So arbeitet er die verschiedenen Muster der Inszenierungen von Femizid heraus, die ohne Zweifel als bestes Beispiel für den berühmt-berüchtigten ‚männlichen Blick‘ der Kamera gelten können. Die Frau ist und bleibt ein Objekt, ob 1981 oder in den frühen 2000er Jahren. Dank einer originellen Idee, einer beeindruckenden Fleißarbeit und einer Montage mit exakter Dramaturgie gelingt Soldat mit DIE SCHÖNE TOTE ein unterhaltsam augenzwinkernder, aber deutlich medienkritischer Blick auf ein Stück Fernsehgeschichte.Filminfos
Gattung: | Experimentalfilm; Kurzfilm |
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Regie: | Jan Soldat |
Schnitt: | Jan Soldat |
Webseite: | sixpackfilm.com; |
Länge: | 6 Minuten |
Verleih: | sixpackfilm |
Produktion: | Jan Soldat |
Jury-Begründung
Der Experimentalfilm greift auf die Found Footage Form zurück, um die Darstellung von Todesopfern im deutschen Fernsehen über mehrere Jahrzehnte hinweg darzustellen. Die Motiverkundung fokussiert auf die sehr populäre Krimiserie "Ein Fall für Zwei". In 300 Episoden beginnend in den 1980er Jahren und bis in die 2010er Jahre reichend wird die Inszenierung von toten Frauenkörpern unter die Lupe genommen, indem sie nach bestimmten Schwerpunkten geordnet hintereinander montiert werden.Entstanden ist ein ebenso erschütterndes wie faszinierendes Kaleidoskop von Inszenierungsweisen, in denen sich eine zeitlose Bildpolitik Bahn bricht. Frauen werden auch als Leichen noch sexualisiert, knallrotes Blut verbindet wird sich mit knallrotem Lippenstift zu Körpern, die auch noch im Tode dem voyeuristischen Blick der Kamera und des Publikums ausgesetzt werden. Eine Entwicklung der Ästhetiken mag bei genauerem und auch mehrmaligem Hinsehen sichtbar werden, doch ist dies vielleicht einerlei, so will uns der Film durch sein Montagekonzept zumindest nahelegen. Durch die serielle Kumulation im Experimentalfilm ist das mithin unerträglich, aber auch schlau, stammen die Bilder doch selber aus einem seriellen Format, das die Bilder von Frauenleichen jede Woche in die Wohnzimmer liefert.
Der Regisseur Jan Soldat hat einmal mehr einen ebenso verstörenden wie erkenntnisreichen Found Footage Film gemacht, der eine kritische Fernsehgeschichtsschreibung betreibt. Die Jury sah darin eine Qualität, die das Prädikat BESONDERS WERTVOLL verdient.