Die Piratin

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein ungewöhnlicher film verlangt ungewöhnliche Aufnahmebereitschaft: die Piratin von Doillon mit ihren Versatzstücken der klassischen Tragödie provoziert den Zuschauer vom ersten bis zum letzten Bild; eine radikale Inszenierung treibt die Darsteller bis an den Rand der Selbstentäußerung. Und das Spiel um die leidenschaftliche Liebe von drei Personen, die nicht wissen, zu wem sie gehören, erweist sich als eine außerordentliche exaltierte Story, ohne dass jemals das Gefühl entstünde, dies sei eine realistische, eine wirkliche Geschichte.

Zu diesem Gefühl trägt bei, dass außer den drei Hauptdarstellern und zwei weiteren immens wichtigen Figuren (die wie ein klassischer Chor das Geschehen kommentieren) kaum ein Lebewesen in dieser abstrakten Filmwelt gibt, die das Terzett der Liebenden mit ihren Problemen und deren Lösungen allein gelassen zu haben scheint.

Die hochgradige Künstlichkeit der Handlung wird optisch durch das Cinemascope-Format unterstrichen, zu dem die Regie sich entschloss, obwohl das Spiel fast ausschließlich in der Intimität kleiner Räume stattfindet.

So befremdet dies alles sich entwickelt: Dank der ungewöhnlichen Erzählweise, der unaufdringlichen Dialoge, der konsequenten Regie und vor allem der Leistung der Schauspieler, die es fertigbringen, auch in Liebesszenen den Zuschauer nicht zum Voyeur zu degradieren, ist insgesamt eine filmische Leistung entstanden, der der Bewertungsausschuss das höchste Prädikat nicht vorzuenthalten vermochte.