Die Österreichische Methode

Kinostart: 20.03.08
2006
Filmplakat: Die Österreichische Methode

Kurzbeschreibung

Eine Stadt, 24 Stunden und fünf Frauen in einem "inspirierenden Portrait der deutschen Gesellschaft"
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Arthouse
Gattung:Episodenfilm
Regie:Erica von Moeller; Florian Mischa Böder; Gerrit Lucas; Peter Bösenberg; Alexander Tavakoli
Darsteller:Maja Beckmann; Laurens Walter; Cathérine Seifert
Drehbuch:Peter Bösenberg; Florian M. Böder; Gerrit Lucas; Erica von Moeller; Alexander Tavakoli
Länge:91 Minuten
Kinostart:20.03.2008
Verleih:SPIRIT Filmverleih
Produktion: Schauspielagentur SPIRIT e.K. Tobby Holzinger
FSK:12
Förderer:Filmstiftung NRW

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Fünf einzelne Geschichten zu scheinbar unverbundenen Episoden-Stränge montiert, die jede für sich genommen schon interessant wären, so kunstvoll miteinander verschachtelt das Sehvergnügen aber noch steigern. Die Geschichten sind derart geschickt und spannungsvoll miteinander verwoben, dass man vor dem Drehbuch und Schnitt den Hut ziehen möchte. Wüsste man nicht, dass es sich um fünf verschiedene Regisseure handelt, man würde es nicht bemerken.

Die österreichische Methode zeigt fünf junge Frauen, die auf unterschiedliche Weise in emotionalen Situationen gefangen sind: real wie Mona, die von ihrem Freund gefangen gehalten wird, schockiert wie Clara, bei der ein Gehirntumor diagnostiziert wurde, frustriert über ihre Beziehung wie Maleen oder verzweifelt über deren Ende wie Eva. Sie sehen keinen Ausweg mehr und wollen ihrem Leben ein Ende setzen. Konsequent oder halbherzig, zielstrebig oder naiv machen sie sich daran, ihren Plan umzusetzen. Alle Schicksale sind düster, depressiv, und diese Stimmungslagen werden durch hervorragende Lichtsetzung erzeugt bzw. unterstützt.

Der Film begleitet die Frauen über 24 Stunden. Einige werden intensiver verfolgt, andere treten zwischenzeitlich mehr in den Hintergrund. Dabei wird ausgesprochen visuell erzählt. Keine langen Dialoge oder besonderen Effekte lenken vom Wesentlichen ab: der zunehmenden Verwirrung oder Verzweiflung der Frauen, die von hervorragenden Darstellerinnen verkörpert werden. Alle Figuren der Episoden befinden sich in Grenz- und Entscheidungssituationen ihres Lebensverlaufes, in denen sie sich Gedanken, die ihren Bahnen eine neue Richtung geben werden, öffnen müssen. In Mimik, Gestik und Körpersprache ist der Ausnahmezustand abzulesen, in dem ihre Charaktere verfangen sind.

Ihre innere Verbindung, die existenzielle Leitidee dieses filmischen Kompositums, wird in Worte gefasst in der Szene, als die junge Tramperin von der Autofahrerin mitgenommen wird. Die lebenserfahrene Frau fasst die Fragen der Jungen zusammen: Das sei, wie „wenn man Gedanken zulässt, die einen weiter tragen als man bislang bereit war zu denken. Die vielleicht sogar was in Frage stellen.“

Diese innere Leitidee wird in allen Episoden vortrefflich zum Ausdruck gebracht. Auch das gesamte Ensemble versteht es, den Zuschauer in die einzelnen Episoden eintauchen zu lassen. Dialoge wie Gesten und Mimik sind stimmig und Zeugen von der erstklassigen Regiearbeit. Die Schauspielerführung ist beeindruckend. In vielen Passagen lässt sich das Ungesagte im mimischen Gesichtsausdruck erspüren.

Die Kamera von Matthias Schellenberg kommt den Protagonistinnen dabei sehr nahe, ohne je aufdringlich zu sein oder ihre Integrität zu verletzen. So entsteht eine große Intimität und ein immer stärker werdender Sog, in den der Zuschauer mit hineingezogen wird. Die verschiedenen Geschichten verschmelzen zusehends zu einer einzigen über die Sehnsucht nach starken Gefühlen und die Angst, sie auszuhalten. Deutschland erweist sich dabei als kaltes Land, Innenräume und Stadtlandschaften sind kahl und unwirtlich, Tankstellen und Krankenhäuser dienen nur der Grundversorgung, und selbst der Schnee ist nicht echt.

Der Einsatz der Musik ist weitaus sparsamer als im derzeitigen Mainstream und darum umso effektvoller. An vielen Stellen vertraut man hier der Kraft der visuellen Darstellung, die Gedanken erzeugt, anstatt sie durch Gefühle, wie sie durch die Musik hervorgerufen wird, zu entschärfen.

In vielerlei Hinsicht reflektiert Die österreichische Methode eindrucksvoll die derzeitig auch filmisch herrschende Oberflächlichkeit unserer Spaßgesellschaft und setzt ihr eine beispielgebende Antwort entgegen, die das Derzeitige sehr wohl in Frage stellen kann.

Äußerst bemerkenswert ist, dass die Produktionsfirma den Mut hatte, fünf jungen Hochschulabsolventen die Chance zu diesem Projekt zu geben und dass diese nicht nur ihre eigenen Geschichten gekonnt umsetzen, sondern sie zu einem absolut stimmigen, einheitlichen Film verschmelzen lassen. Man möchte mehr von ihnen sehen.