Die Mörder sind unter uns
Jurybegründung
Der Bewertungsausschuss hat dem Film das Prädikat „besonders wertvoll“ verliehen. Der Ausschuss ist der Meinung, dass die Aktualität dieses filmkünstlerischen Dokuments aus den ersten Nachkriegsjahren keineswegs verblasst ist, sondern in gewisser Weise sogar noch zugenommen hat. Der heutige Betrachter wird mit einem Stück jüngster Vergangenheit seiner eigenen Existenz konfrontiert, das wer nur allzu gern vergisst oder verdrängt. Insofern könnte dieser Film, wenn er erneut zur Vorführung kommt, gerade heute zur Bewältigung der „unbewältigten Vergangenheit beitragen.Stark beeindruckt war der Ausschuss von der Tatsache, dass im Jahre 1946 auch in einer sowjetzonalen Filmproduktion noch solche Filme eines gemeinsamen deutschen Empfindens und Reagierens gegenüber der eigenen Not und Schuld gedreht werden konnten. Gerade an diesem Film wird deutlich, wie tief die Filmproduktion der Sowjetzone inzwischen in die schlagwortartige Propaganda und einseitige politische Tendenz abgesunken ist. Wolfgang Staudte hat mit diesem hervorragenden Film ein gültiges Dokument der inneren und äußeren Situation deutschen Menschen nach dem Zusammenbruch geschaffen. Auch die Fabel seines Films erreicht das Gewicht eines Sinnbildes und wurde deshalb von Staudte folgerichtig nicht als bloße Filmstory gestaltet. Von Anfang an tendieren die Bildeinstellungen, die Licht- und Schattenregie, der Schnitt, die Überblendungen und die Bauten auf eine symbolkräftige Darstellung des Seelenzustandes der handelnden Menschen hin. Dabei kam dem Regisseur seine Neigung zu düsteren und abseitigen Licht- und Schatteneffekten in diesem Fall sehr zustatten. Großartig gelangen vor allem die kontrastreichen Überblendungen. Diese Kunst der Überblendungen erreicht ihren Höhepunkt in der vierfachen Variation des Weihnachtsabends. Es gehört zu den besonderen Vorzügen des Films, dass er erst in dieser Bildfolge auf jenes entscheidende Ereignis zurückblendet, das den jungen Arzt bis zur Selbstaufgabe zerrüttete, den eigentlichen Schuldigen aber völlig unberührt ließ.
Mit gutem Instinkt hat Wolfgang Staudte den schuldigen Hauptmann und späteren Fabrikbesitzer Brückner nicht als einen teutonischen Bösewicht oder als einen kaltschnäuzigen SS-Schergen, sondern als einen harmlos erscheinenden deutschen Spießbürger darstellen lassen, dessen sentimentale Regungen durchaus glaubwürdig sind. Erst so gewinnt die Anklage des Films Wahrhaftigkeit und Wucht.
Hervorragend sind die Schauspieler geführt, besonders Ernst Wilhelm Borchert, dessen Zusammenbruch im Krankenhaus und innere Genesung bei der Notoperation zu den schauspielerischen Höhepunkten des Films gehören. Im gegenüber steht fast gleichwertig der Spießbürger Brückner von Arno Paulsen. Im Spiel der Hildegard Knef machen sich in der zweiten Hälfte des Films noch manche Leerläufe bemerkbar.
Filminfos
Kategorie: | Spielfilm |
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Gattung: | Drama; Thriller |
Regie: | Wolfgang Staudte |
Darsteller: | Hildegard Knef; Ernst W. Borchert; Erna Sellmer; Marlise Ludwig; Elly Bürgmer; Hilde Adolfi; Ursula Krieg; Arno Paulsen; Robert Frosch |
Drehbuch: | Wolfgang Staudte |
Kamera: | Friedel Behn-Grund; Eugen Klagemann |
Schnitt: | Hans Heinrich |
Musik: | Ernst Roters |
Weblinks: | filmfriend.de; |
Länge: | 84 Minuten |
Produktion: | , DEFA Deutsche Film AG, Berlin |
FSK: | 12 |
Jury-Begründung
Der Bewertungsausschuss hat dem Film das Prädikat „besonders wertvoll“ verliehen. Der Ausschuss ist der Meinung, dass die Aktualität dieses filmkünstlerischen Dokuments aus den ersten Nachkriegsjahren keineswegs verblasst ist, sondern in gewisser Weise sogar noch zugenommen hat. Der heutige Betrachter wird mit einem Stück jüngster Vergangenheit seiner eigenen Existenz konfrontiert, das wer nur allzu gern vergisst oder verdrängt. Insofern könnte dieser Film, wenn er erneut zur Vorführung kommt, gerade heute zur Bewältigung der „unbewältigten Vergangenheit beitragen.Stark beeindruckt war der Ausschuss von der Tatsache, dass im Jahre 1946 auch in einer sowjetzonalen Filmproduktion noch solche Filme eines gemeinsamen deutschen Empfindens und Reagierens gegenüber der eigenen Not und Schuld gedreht werden konnten. Gerade an diesem Film wird deutlich, wie tief die Filmproduktion der Sowjetzone inzwischen in die schlagwortartige Propaganda und einseitige politische Tendenz abgesunken ist. Wolfgang Staudte hat mit diesem hervorragenden Film ein gültiges Dokument der inneren und äußeren Situation deutschen Menschen nach dem Zusammenbruch geschaffen. Auch die Fabel seines Films erreicht das Gewicht eines Sinnbildes und wurde deshalb von Staudte folgerichtig nicht als bloße Filmstory gestaltet. Von Anfang an tendieren die Bildeinstellungen, die Licht- und Schattenregie, der Schnitt, die Überblendungen und die Bauten auf eine symbolkräftige Darstellung des Seelenzustandes der handelnden Menschen hin. Dabei kam dem Regisseur seine Neigung zu düsteren und abseitigen Licht- und Schatteneffekten in diesem Fall sehr zustatten. Großartig gelangen vor allem die kontrastreichen Überblendungen. Diese Kunst der Überblendungen erreicht ihren Höhepunkt in der vierfachen Variation des Weihnachtsabends. Es gehört zu den besonderen Vorzügen des Films, dass er erst in dieser Bildfolge auf jenes entscheidende Ereignis zurückblendet, das den jungen Arzt bis zur Selbstaufgabe zerrüttete, den eigentlichen Schuldigen aber völlig unberührt ließ.
Mit gutem Instinkt hat Wolfgang Staudte den schuldigen Hauptmann und späteren Fabrikbesitzer Brückner nicht als einen teutonischen Bösewicht oder als einen kaltschnäuzigen SS-Schergen, sondern als einen harmlos erscheinenden deutschen Spießbürger darstellen lassen, dessen sentimentale Regungen durchaus glaubwürdig sind. Erst so gewinnt die Anklage des Films Wahrhaftigkeit und Wucht.
Hervorragend sind die Schauspieler geführt, besonders Ernst Wilhelm Borchert, dessen Zusammenbruch im Krankenhaus und innere Genesung bei der Notoperation zu den schauspielerischen Höhepunkten des Films gehören. Im gegenüber steht fast gleichwertig der Spießbürger Brückner von Arno Paulsen. Im Spiel der Hildegard Knef machen sich in der zweiten Hälfte des Films noch manche Leerläufe bemerkbar.