Die letzte Fahrt der Demeter
FBW-Pressetext
Die Verfilmung eines Kapitels aus Bram Stokers DRACULA übersetzt die Vorlage des Klassikers nach allen Regeln der Genrekunst in einen düsteren, spannenden Monsterhorrorfilm.6. Juli, 1897. Von einer Hafenstadt am Schwarzen Meer beginnt die „Demeter“, ein Handelsschiff, ihre Reise nach England. Doch die Überfahrt steht unter keinem guten Stern. Schon früh wird ein eine junge Frau als blinde Passagierin ausfindig gemacht. Dazu verhindert das stürmische Wetter eine ruhige Reise. Und als nach und nach erst die an Bord befindlichen Tiere und dann auch Teile der Crew spurlos verschwinden, beginnen der Kapitän, sein Erster Offizier und der neu angeheuerte Schiffsarzt zu begreifen, weswegen so viele Einheimische ihre Hilfe beim Verladen der Fracht verweigert haben. Denn an Bord der Demeter befindet sich eine Kreatur aus der Hölle. Und ihr Name ist Dracula.
DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER in der Regie von André Øvredal basiert auf einem Kapitel des Romans DRACULA von Bram Stoker, in dem in einem relativ kurzen Abschnitt erzählt wird, wie Dracula als blutsaugende Kreatur den Weg nach England findet. Die perfekte Vorlage für einen Horrorfilm, der zugleich eine Origin-Story für eines der berühmtesten Film-„Monster“ überhaupt ist. Die Genre-Muster, derer sich Øvredal hier bedient, sind bekannt. Doch gerade im Spiel mit jenen Mustern und inszenatorischen Mitteln besteht der Reiz des Films, der durch die fantastische Kameraarbeit von Tom Stern und Roman Osin Bilder die Enge im Schiffsbauch und die Bedrohung durch eine übernatürliche Kreatur körperlich spüren lassen. Wie in einem Kinder-Abzählreim werden die Figuren Dracula nach und nach zum Opfer fallen, immer in erschreckenden „Jump-Scare“-Varianten, in denen die Gewalt – auch durch krasse Soundeffekte und einen dröhnenden Score – brutal in das kammerspielartige, dunkle Setting bricht. Ein gestalterisches Highlight ist die Kreatur Dracula selbst, die als Gestalt zwischen körperlosem Geist und einer darstellerischen Anleihe an Max Schrecks „Orlok“ aus NOSFERATU angsteinflößend das Schiff „erobert“. Der diverse Cast überzeugt in jeder Haupt- und Nebenrolle, angeführt von Corey Hawkins als Schiffsarzt, Liam Cunningham als stoischem Kapitän und Aisling Franciosi als Anna, deren mysteriöse Figur die Entwicklung der Geschichte immer wieder reizvoll abwandelt und für einen Schluss sorgt, der gleichzeitig Erwartungen erfüllt und doch überrascht.
Filminfos
Gattung: | Spielfilm; Horror |
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Regie: | André Øvredal |
Darsteller: | David Dastmalchian; Liam Cunningham; Aisling Franciosi; Javier Botet; Corey Hawkins; Jon Jon Briones; Stefan Kapicic; Nicolo Pasetti; Chris Walley; Nikolai Nikolaeff; Woody Norman; Graham Turner |
Drehbuch: | Bragi F. Schut; Zak Olkewicz |
Buchvorlage: | Bram Stoker |
Kamera: | Tom Stern; Roman Osin |
Schnitt: | Christian Wagner; Julian Clarke; Patrick Larsgaard |
Musik: | Bear McCreary |
Webseite: | universalpictures.com; |
Weblinks: | kinofans.com; |
Länge: | 119 Minuten |
Kinostart: | 17.08.2023 |
VÖ-Datum: | 11.01.2024 |
Verleih: | Universal |
Produktion: | Amblin Entertainment, Amblin Partners; Dreamworks Pictures; Latina Pictures; New Republic Pictures; Phoenix Pictures; Universal Pictures; Studio Babelsberg; |
FSK: | 16 |
Förderer: | MFG Baden-Württemberg; MBB; DFFF |
Jury-Begründung
DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER ist ein Horrorfilm, der eine Episode aus dem „Dracula“-Narrativ aufgreift. Es geht um die Überfahrt Draculas von Transsilvanien nach London, wo er ein Haus erstanden hat und sein Unwesen treiben wird. Als das Schiff in England landet, wird nur der Kapitän tot an das Steuer gebunden gefunden, der Rest der Besatzung ist verschwunden. Was auf der Demeter passiert ist, erfährt man aus dem Logbuch dieses Kapitäns.Diese Vorlage, die noch viel Spielraum für Geschichten lässt, macht sich die Verfilmung in der Regie von André Øvredal zunutze. Das Horrorfilm-Schema kristallisiert sich dabei schnell heraus. Es geht darum, wie die gesamte Besatzung Dracula zum Opfer fällt und wem es möglicherweise gelingt, zu fliehen. Hierzu charakterisiert das Drehbuch eine Figur als Mann mit dunkler Hautfarbe, sein Name ist Clemens, der als Außenseiter auf dem Schiff anheuert. Es gibt zudem eine weitere weibliche Figur mit dem Namen Anna, die sich in einer der Kisten befindet, die im Auftrag Draculas – der ebenfalls in einer solchen schläft – nach London transportiert werden. Clemens, der über medizinische Kenntnisse verfügt, kann der von Dracula zu seiner Nahrungsaufnahme erwählten Frau mittels Bluttransfusion zunächst helfen, so dass dieses Gespann im weiteren Verlauf das Figurenzentrum bildet.
Die beiden Hauptfiguren schaffen eine – vielleicht nach Ansicht der Jury etwas erzwungen wirkende – Diversität, die im Seefahrerfilm – ein Genre, auf das der Film auch zurückgreift – kaum vorzufinden ist. Auch der Cast der restlichen Besatzung überzeugt und trägt zur Glaubwürdigkeit des historischen Settings bei. Dracula als Kreatur in Anlehnung an Murnaus NOSFERATU – EINE SINFONIE DES GRAUENS anzulegen, passt zu dem actionbetonten Horror-Modus. Die Handlung wirkt für die Jury zwar recht vorhersehbar, doch geht es bei einem Film, der eine derart berühmte Vorlage nutzt, auch um andere Qualitäten. Die Ausstattung ist detailreich und trägt zur gruseligen Atmosphäre wesentlich bei. Die Kameraarbeit zieht alle Register des Horrorfilms und sorgt im Zusammenwirken mit der effektvollen Montage für gelungene Schockeffekte. Die Brutalität ist dem Geschehen und dem Genre angemessen und wirkt nicht übertrieben.
Dennoch konnte der Film die Jury nicht restlos überzeugen. Die Schockeffekte werden in zu großer Zahl eingesetzt und einige Spannungsmomente werden doch ein wenig in die Länge gezogen. Dass der Besatzung recht spät klar wird, woher die Bedrohung an Bord kommt, verwundert, sind sie doch vor ihrer Abfahrt gleich mehrfach vor der Ladung gewarnt worden. Am fehlenden Aberglauben kann es kaum liegen, glauben (fiktionale) Seefahrer ja alles Mögliche, so etwa auch, dass Frauen an Bord Unglück bringen. Ebenfalls kritisch angemerkt durch die Jury wurde die Diskrepanz zwischen dem Plot/Setting und dem enormen Produktions-Aufwand, der betrieben wurde, wodurch der Film in seiner Perfektion fast schon ein wenig steril geriet. Im Anschluss an eine spannende Diskussion, in Abwägung aller Argumente und in Anerkennung der klaren filmischen Qualitäten verleiht die FBW-Jury dem Film gerne das Prädikat WERTVOLL.