FBW-Pressetext

Auf der Insel wird ein Sturm aufziehen. Doch das ist bald das kleinste Problem, mit dem sich die zwei Kinder in dieser Nacht herumschlagen müssen. Denn der Vater hat sie beide bei der Mutter gelassen. Und die Mutter trinkt viel und ist oft so gar nicht richtig da. Wer aber da ist, ist die böse Klohexe. Sie versteckt sich in der Toilette und wenn man mal nicht aufpasst, dann kommt sie raus und verschlingt jeden, den sie finden kann. Was sollen die beiden Kinder jetzt tun? Eine Entscheidung ist schnell gefallen. Denn wenn schon die Erwachsenen nicht helfen, dann müssen sie selbst eben dafür sorgen, dass die böse Hexe verschwindet. Mit allen Mitteln und Mittelchen, die sie im Haus finden können. Mit DIE KLOHEXE gelingt der Filmemacherin Joey Arand in der Tradition des magischen Realismus ein faszinierender Ausflug in die Welt der kindlichen Fantasie. Ganz auf Augenhöhe ihrer jungen Protagonist*innen (mit großer Natürlichkeit gespielt von Anjalie Matchu und Enzo Manon) erzählt Arand im Grunde eine Heldenreise zweier Kinder, die sich, inmitten einer ganz realen Naturkatastrophe, ihrer noch größeren Angst vor etwas scheinbar Unerklärlichen stellen müssen. Man spürt deutlich, wie sehr Arand ihren Jungdarsteller*innen vertraut – und umgekehrt. Teilweise mit großer Anarchie bewegen sich die Beiden durch die Szenen und erhalten von Regie und der großartigen und immer dynamisch agierenden Kamera von Alma Weber auch die Gelegenheit, sich mit all ihrer Natürlichkeit im Raum zu entfalten. Das Setting in einer eher trostlosen Umgebung ist glaubhaft und bietet einen perfekten Gegenpol zu den bunten Farben und der wilden Sound- und Musikebene, die zusammen mit der Power der Kinder Einzug in diesen wirklich besonderen und einzigartigen Film hält.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Liebevoll und mit großem Gespür für die zwei kindlichen Helden im Zentrum erzählt der Film DIE KLOHEXE von der Konstruktion einer Fantasiewelt. Weil sie sich auf ihre depressive und offenbar alkoholkranke Mutter nicht verlassen können, konstruieren sich zwei Kinder in einer Sturmnacht ein Reich, in dem zwar keineswegs alles in Ordnung ist, sie sich dafür aber gewissermaßen ihre eigenen Schrecken erfinden. Sehr stimmungsvoll und überzeugend nah an seinen Protagonisten lässt der Film ihre Welt und zugleich die Welt, die sie sich darin vorstellen, vor dem Auge des Zuschauers entstehen.
Dafür wird ein fast dokumentarisch beobachtender Ansatz verfolgt: die Kinder spielen mit großer Natürlichkeit vor der Kamera, sind ganz sie selbst in all ihrer Kindlichkeit; sie spielen weniger bestimmte Rollen, als dass sie vor der Kamera selbstvergessen improvisieren. Das führt natürlich auch zu ein paar Längen im Film, der sich nicht immer klar zu entscheiden scheint zwischen magischem Realismus und pädagogischer Aufbereitung. Dennoch gelingt es ihm, auf zugleich originelle und doch sehr authentische Weise von kindlichen Angstsituationen zu erzählen, von möglichen Gewalterfahrungen, dem Erleben von emotionaler Kälte. Die Mischung an zwiespältigen Gefühlen, die die Welt der Kinder prägt, findet ihren Wiederhall in ihren chaotischen Handlungen, die keiner genauen Narration folgen. Als wichtig – und schön – erweist sich die Familienklammer, die Anfang und Ende des Films markieren: Zu Beginn werden die Kinder vom Vater zum Haus der Mutter gebracht, nach überstandener Sturmnacht finden sie sich zusammen mit der Mutter im Bett wieder. Sie haben das Chaos fürs erste bewältigt und scheinen ein Stück weit gewachsen dabei.