Die Kandidaten
FBW-Pressetext
Der Dokumentarfilm DIE KANDIDATEN von Michael Schwarz und Alexander Griesser lässt den Zuschauer hautnah den Wahlkampf 2017 von sechs Bundestagskandidaten miterleben und zeigt, wie mühsam das Buhlen um die Gunst des Wählers ist.Wenn die Wahllokale um 18 Uhr schließen und die Prognosetafel im Fernsehen aufleuchtet, dann ist er endgültig vorbei: der Wahlkampf. Vorher wurden unzählige Hände geschüttelt, Interviews gegeben, Plakate gehängt, Sprüche geklopft, Würstchen gegrillt und an Türen geklingelt. Und zwar nicht zwingend von den hohen Tieren in Berlin, sondern vor allen Dingen von den Politikern, die die Basis der Partei bilden. Es sind genau diese Politiker, die Michael Schwarz und sein Kameramann Alexander Griesser in ihrem Debüt-Langdokumentarfilm DIE KANDIDATEN begleiten. Ganz wertneutral stellen sie dabei alle Kandidaten nebeneinander. Ob links, ob rechts, ob liberal oder konservativ – der Film zeigt auf geschickte und dank einer exzellenten Montage auch augenzwinkernde Weise, wie sehr die Sprüche, die Aktionen und die Vorgehensweisen der einzelnen Politiker sich ähneln. Jeder der Protagonisten, ob die erfahrenen „alten Hasen“ von SPD und CDU oder auch die „jungen Wilden“ von Die Linke, Die Grünen, der FDP oder der AfD, wird als öffentliche Person gezeigt. Michael Schwarz hält sich zurück und bohrt nicht nach, doch die Kamera, die immer ganz nah bei den Politikern ist, entlarvt oftmals durch einen Blick oder durch einen Dialog Unsicherheiten, Empfindlichkeiten oder auch die Last und Pflicht der politischen Aufgabe. Ohne je einen der Protagonisten vorzuführen, entstehen viele unterhaltsame und kurzweilige filmische Momente, die mal zum Staunen und Nachdenken, mal zum Schmunzeln anregen – und die zeigen, dass Politik eben auch ein Zirkus ist. Bei dem um die Gunst jedes einzelnen gekämpft wird. Bis der letzte Ballon verteilt und die letzte Wahlkampfrede gehalten ist.
Filminfos
Gattung: | Dokumentarfilm |
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Regie: | Michael Schwarz |
Drehbuch: | Michael Schwarz |
Kamera: | Alexander Griesser |
Schnitt: | Melanie Dietz |
Musik: | Sebastian Fillenberg |
Länge: | 82 Minuten |
Kinostart: | 26.09.2019 |
Produktion: | nachtschwärmerfilm Film- und Fernsehproduktion Michael Schwarz |
FSK: | 0 |
Förderer: | Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur |
Jury-Begründung
Plakate kleben, Werbematerial verteilen, Interviews geben oder auch Veranstaltungen planen: Was während eines Wahlkampfs passiert, das kennen die meisten Menschen vermutlich nur aus dem Fernsehen und dort stehen dann bestenfalls auch nur die Reden der Spitzenkandidaten im Fokus. Wie sich Wahlkampf an der Basis abspielt, das interessiert die Medien dagegen eigentlich nicht. Michael Schwarz und sein Kameramann Alexander Griesser haben daher junge Politiker begleitet, um zu zeigen, wie sich die heiße Phase des Wahlkampfs auf lokaler Ebene anfühlt.Jan Metzler, Thomas Hitschler, Misbah Khan, David Dietz, Max Keck und Sebastian Münzenmeier haben eines gemein: sie waren zur Bundestagswahl 2017 Direktkandidaten ihrer Parteien in ihren rheinland-pfälzischen Wahlkreisen. Mit hoher Einsatz- und Kontaktfreudigkeit und vor allem mit sehr viel Enthusiasmus haben sie dort versucht, den Wahlkampf für sich zu nutzen. Einige konnten ihren Weg in die Bundespolitik fortsetzen, andere machen heute nur noch außerhalb der Parteienlandschaft Politik.
In der Filmdiskussion hat die Jury angemerkt, dass Schwarz genauso akribisch wie detailreich arbeitet. Immer wieder sucht er die Kandidaten über die vielen Tage des Wahlkampfes auf. Er begleitet sie durch ruhige, wie auch stressige Phasen und lässt sie einfach agieren. Seine Dokumentation will nicht kommentieren, lässt dafür lieber Aussagen und Bilder für sich sprechen. Mit bemerkenswerter Souveränität kann er den jungen Kandidaten dabei außerordentlich nahe kommen. Die Kamera kann Details einfangen, die mehr über sie verraten, als lediglich ihr politisches Bewusstsein. Und so zeigt der Film auch ganz beiläufig, dass Kandidaten, die sich zunächst noch als politische Heroen inszeniert haben, zu einigermaßen naiven Mitmenschen schrumpfen, sobald sie die Wahlkampf-Routine überfordert.
Wahlkampf ist für alle Kandidaten harte Arbeit und vor allem sehr, sehr viel direkter Kontakt mit den Wählern. Hier zeigt sich, dass Schwarz ein Gespür für die Persönlichkeit seiner Protagonisten hat. Er folgt ihnen auf Jahrmärkten und Wahlveranstaltungen, ist dabei, wenn sie von Tür zu Tür ziehen oder Flyer verteilen. Abseits der persönlichen Ebene demonstriert der Film hier, dass Wahlkampf letztlich nicht mehr ist, als eine große Werbeveranstaltung.
Kritisch sah die Jury jedoch die Dramaturgie des Films. Denn der Film bemüht sich in den Augen der Jury so sehr um Überparteilichkeit, dass der Film zunehmend an Spannung verliert. Wahlkampf ist sicherlich ein heikles Thema und sicherlich ist der Filmemacher auch darum bemüht, allen Kandidaten die gleichen Chancen zur Darstellung einzuräumen. Aber nach Ansicht der Jury vermag dieses wirklich augenscheinliche Bemühen um Parität das Interesse der Zuschauer nicht über die gesamte Filmlänge zu bannen. Dennoch ist DIE KANDIDATEN auch über seine sehr gute Montage und seiner beinahe intimen Kameraführung hinaus eine filmhandwerklich außerordentlich gut gemachte Dokumentation über lokalen Wahlkampf.