Die Fotografin

Kinostart: 19.09.24
2023
Filmplakat: Die Fotografin

FBW-Pressetext

Kate Winslet brilliert in diesem Biopic mit ihrer Darstellung der Fotokünstlerin Lee Miller, die im Zweiten Weltkrieg an die Front reist und mit ihrer Kamera die Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau abbildet.

Lee Miller wurde von der Gesellschaft, in der sie lebte, als ‚hübsche Frau‘ definiert. Als Fotomodell, als Objekt vor der Linse der Fotografen. Doch Lee Miller selbst definierte sich anders. Sie war selbst Fotografin, hatte einen ausgezeichneten Blick für Menschen, für den richtigen Bildausschnitt, für das Wesentliche, was ein Bild festhalten kann und muss. Und Lee Miller hatte Mut. Als sie die in den 1940er Jahren die Gelegenheit erhält, im Auftrag der Vogue an die Kriegsfront zu reisen, will sie diese Gelegenheit unbedingt nutzen. Die Bilder, die sie unter anderem von der Befreiung der Lager in Buchenwald und Dachau aufnimmt, werden in die Geschichte eingehen. Und sie selbst für immer verändern.

DIE FOTOGRAFIN in der Regie von Ellen Kuras ist ein klassisches Biopic, in dessen Zentrum eine Frau steht, die sich gegen Konventionen stellte, ihren eigenen Weg ging und die Menschen mit ihrem Mut, ihrem Charisma und ihrem entwaffnend-ehrlichen Charme in den Bann zog. Klar, dass es für diese Frau kaum eine bessere Besetzung geben kann als Kate Winslet, die einmal wieder unter Beweis stellt, dass sie zu den wandlungsfähigsten und mutigsten Charakterdarstellerinnen unserer Zeit gehört. So wie Lee Miller sich furchtlos in ihre Aufgabe als Dokumentaristin und Zeitzeugin der Geschichte stürzt, so stürzt sich Winslet in die Rolle. Mit Kraft, Verve und dem in ihrer Gestik und Mimik stets erkennbaren inneren Kampf gegen Dämonen, gegen Zurückweisungen und für die Anerkennung ihres Werks. In den Nebenrollen überzeugen Marion Cotillard, Alexander Skarsgård und Andy Samberg. Geschickt verhandelt der Film durch seine porträtierte Hauptfigur übergreifende und hochaktuelle Themen wie die Gleichberechtigung von Frauen, gerade in einer Domäne, die von Männern beherrscht wird. Durch die in den Film geschickt eingebauten Aufnahmen Millers wird nicht nur das große Talent einer genialen Fotokünstlerin sichtbar, sondern auch die Kraft, die Bilder allgemein ausüben können. Denn ein Foto ist nicht nur ein Foto. Ein Foto ist ein Blick durch die Linse als Fenster in eine Welt und auf eine bestimmte Wahrheit. Gerade die Bilder aus Buchenwald und Dachau zeigen diese grausame Wahrheit und verleihen dem Film seine Wirkung, die noch lange nach Filmende spürbar ist. DIE FOTOGRAFIN ist ein beeindruckendes und schillerndes Biopic, das zwei Künstlerinnen zugleich feiert: zum einen die Fotokünstlerin Miller. Und zum anderen die Schauspielkünstlerin Kate Winslet.

Filminfos

Gattung:Drama
Regie:Ellen Kuras
Darsteller:Kate Winslet; Josh O’Connor; Andrea Riseborough; Andy Samberg; Alexander Skarsgård; Marion Cotillard
Drehbuch:John Collee; Liz Hannah; Marion Hume
Buchvorlage:Biografie von Antony Penrose
Kamera:Pawel Edelman
Schnitt:Mikkel E.G. Nielsen
Musik:Alexandre Desplat
Weblinks:kinofans.com;
Länge:117 Minuten
Kinostart:19.09.2024
Verleih:Studiocanal
Produktion: 55 Films, Brouhaha Entertainment; Hantz Motion Pictures; Hopscotch Features; Juggle Productions; MS Partecipations S.A.; Pasaca Entertainment; Rocket Science; Sky Cinema; Sky Originals; Vogue Films; Vogue Studios;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Nachwelt bekannt ist die Fotografin Lee Miller vor allem durch ein Bild, das sie badend in Hitlers Badewanne zeigt, aufgenommen 1945 in Hitlers Wohnung in München. Tatsächlich zählt zu Millers Hauptwerk die Berichterstattung aus dem Zweiten Weltkrieg. Damals war sie als Kriegskorrespondentin der Vogue zunächst in Frankreich eingesetzt und lieferte dem Magazin später auch Bildreportagen aus dem besiegten Deutschland.

Ellen Kuras‘ Biopic DIE FOTOGRAFIN setzt allerdings gut 10 Jahre zuvor ein. Damals ist Miller Teil der Künstler-Bohéme in Frankreichs Süden. Sie ist Fotokünstlerin, sie modelt und sie philosophiert über die Kunst, das Leben und die Liebe. Nichts lässt darauf schließen, dass diese Frau einige Jahre später Kriegskorrespondentin werden soll. Aber, das wird die Biographie ergeben, Lee Miller ist eine Frau, die gerne von einem Extrem ins andere gesprungen ist.

DIE FOTOGRAFIN ist ein klassisches und überzeugend umgesetztes Biopic. Jede Einstellung ist überlegt, jede Szene geplant, jedes Bild wahrlich toll angelegt. Das irritiert die Jury ein wenig, da der Film zeitweilig in die eigenen Bilder selbstverliebt wirkt. Selbst die eine oder andere Unordnung wirkt arrangiert, ja sogar überästhetisiert. Doch diese Bilder erinnern auch daran, dass Lee Miller eine Fotokünstlerin war. Auf diese Fotokunst wollte die Regisseurin Ellen Kuras ein Pendant in ihren Bildern finden, außerdem gilt es zu bedenken, dass Regisseurin Kuras eigentlich selber Kamerafrau ist und mit DIE FOTOGRAFIN ihr Debüt als Regisseurin gegeben hat. Ein wahrlich solides Debüt. Nur hin und wieder hätte sich die Jury tatsächlich ein wenig mehr Provokation, ein wenig mehr von dem, was Millers Leben tatsächlich ausgezeichnet hat, gewünscht, eben eine visionäre Perspektive.

Kate Winslet macht sich in der Rolle der Lee Miller hervorragend. In der Tat scheint der ganze Film um sie herum inszeniert und wird dadurch auch zu einer Verneigung vor der Schauspielerin. Winslet vermag die Rolle auszufüllen, verleiht ihr – im wahrsten Sinne des Wortes – Charakter. She owns the scene! Ihre Interpretation von Lee Miller ist genauso rau wie einfühlsam, vor allem dann, wenn es um die Verletzbarkeit von Frauen geht. Etwas, das Lee Miller bei der Befreiung Frankreichs und den ersten Aufnahmen in den deutschen Konzentrationslagern beständig erfahren haben muss. Eine weise Entscheidung, dass Ellen Kuras Lee Millers beständigen Begleiter und Mitberichterstatter David Sherman als Kontrapunkt begreift. Andy Samberg spielt einen ruhigen und vermittelnden Menschen, der mit Millers Temperament umzugehen vermag und es auch ab und an im Zaum zu halten.

Ein wenig irritiert zeigte sich die Jury zunächst durch die Intermezzi mit dem jungen Zeitungsjournalisten Antony. Dass er sie gut 30 Jahre nach Kriegsende aufsucht, schien der Jury dramaturgisch zunächst verunglückt. Erst zum Ende des Films erklärt sich der Sinn dieser Rahmenhandlung, die dann einen höchst menschlichen Blickwinkel auf das Leben der Lee Miller preisgibt.

DIE FOTOGRAFIN ist ein bemerkenswertes Werk über eine bemerkenswerte Frau und – so gibt die Jury zu bedenken – ein wichtiges Zeitdokument. Nach Sichtung des Films, auch das ergab die Diskussion, fühlte sich die Jury geradezu aufgefordert, das umfangreiche Fotoarchiv der Lee Miller anzuschauen und sich ein eigenes Bild dieser in vieler Hinsicht Avantgardefotografin zu machen. Nach umfangreicher Diskussion kommt die Jury dann auch zu dem Entschluss, Ellen Kuras‘ DIE FOTOGRAFIN mit dem Prädikat BESONDERS WERTVOLL auszuzeichnen.