Der unbekannte Soldat
FBW-Pressetext
Die Aufregung über die Wehrmachts-Ausstellung war Ausgangspunkt für diesen sorgfältig recherchierten Dokumentarfilm. Bemerkenswert sachlich und wohl gerade deshalb tief ergreifend, zeichnet der Film ein sehr differenziertes Bild von der Rolle der Wehrmacht und von der Beteiligung einfacher deutscher Soldaten an den Todesmärschen, Massenerschießungen, Konzentrationslagern und Pogromen im Zweiten Weltkrieg. Ein Film von beträchtlicher Informationstiefe, der viele Denkanstösse gibt. Auch für den Unterricht überaus geeignet.Filminfos
Kategorie: | Arthouse |
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Gattung: | Dokumentarfilm |
Regie: | Michael Verhoeven |
Drehbuch: | Michael Verhoeven |
Weblinks: | ; |
Länge: | 96 Minuten |
Kinostart: | 21.09.2006 |
Verleih: | Kinowelt |
Produktion: | Sentana Filmproduktion GmbH, München, Sentana Filmproduktion |
FSK: | 12 |
Förderer: | BKM; FFF Bayern; Filmstiftung NRW |
Jury-Begründung
„What did you do in war, Dad?“, lautet der Titel der englischen Version. Genau diese Frage stellt der Film: eine Frage, die nicht so tut, als ob schon alles klar wäre, eine Frage, die nicht einfach grundlos anklagt und die jede Schuldzuweisung für erledigt hält, weil nicht sein konnte, was nicht sein darf.Was haben die einfachen deutschen Soldaten in den Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges wirklich getan? Wozu waren Durchschnittsdeutsche fähig? Der Film unterstellt ein ehrlich gemeintes Bedürfnis nach Informationen über das, was Väter und Großväter getan haben, und er versucht auf redliche Art, die Rolle der einfachen Soldaten zu klären, die zum Krieg eingezogen und an auf den Ostfeldzug geschickt wurden.
Die Wehrmachtausstellung Ende der 90er Jahre hat viele Gegner auf den Plan gerufen, die von den Gräueln oder jedenfalls von der Mitwirkung der einfachen Soldaten an diesen unvorstellbaren Verbrechen bis heute nichts wissen wollen und von Verunglimpfung der Großväter sprechen.
Um sie zu widerlegen und um die jüngere Generation aufzuklären, die oft wirkliche Informationsdefizite oder gar drastische Unkenntnis hat, geht der Film einen langen, einen minutiös recherchierten, einen redlichen Weg. Langsam, geduldig, ohne eigenen verbalisierten Kommentar tastet sich der Film durch das Dickicht des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte. Er befragt Zeitzeugen, Täter und Opfer; er besucht Neonazis, zeigt ihre Demonstrationen und lässt sie und ihre Gegner zu Wort kommen; er befragt Politiker und Historiker; er sammelt Fotografien und zeitgenössische Filmausschnitte; trägt eine unglaubliche Fülle an Meinungen, Erklärungen, Blickwinkeln zusammen.
In einem bemerkenswert sachlichen Stil, und wohl deshalb tief ergreifend, zeichnet dieser Film ein sehr differenziertes Bild von der Rolle der Wehrmacht und von der Beteiligung einfacher deutscher Soldaten an den Todesmärschen, Massenerschießungen, Konzentrationslagern und Pogromen.
Mit den Szenen des Grauens wird der Zuschauer nicht alleingelassen, sondern der Film gibt sowohl Raum zum Nachdenken als auch eine Fülle von Informationen. Besonders hervorzuheben sind hier zwei Dinge: Zum einen sind im Film die Stimmen einiger sehr kompetenter Historiker eingeholt, die ausreden dürfen und Raum für ihre Argumentation haben, so dass sie neben historischen Fakten auch Impulse geben, über Begriffe wie „Der unbekannte Soldat“ oder „Vernichtungskrieg“ nachzudenken. Zum anderen verschränken sich viele O-Töne mit historischen Bildaufnahmen und diese wiederum mit solchen Bildern von den Tatorten wie Minsk und Kiew sechs Jahrzehnte später.
Insgesamt also gibt der Film eine beträchtliche Informationstiefe und viele Denkanstösse, nicht zuletzt darüber, wie Geschichtsbilder entstehen.