Der Todesspringer

1984

Kurzbeschreibung

Die Geschichte einer Reihe komischer Figuren, die ständig den Boden unter den Füßen verlieren.
Prädikat besonders wertvoll

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Bewertungsausschuss hat dem Film das Prädikat "besonders wetvoll" erteilt.
Die Vergeblichkeit und Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz vergegenwärtigt dieser Film in kammerspielartigen Szenen, die wie ein Reigen auch der Kommunikations- und Verständnislosigkeit angelegt sind: an einer kleinen Zahl von Figuren, die wie Chiffren menschlicher Möglichkeiten und Beziehungen erscheinen, wird demonstriert, in welchem Maße der Mensch in der Ausweglosigkeit seiner Schablonen und Pressionen, seiner Komplexe und Obsessionen gefangen ist und infolgedessen vor sich und anderen die gleiche Rolle und die gleichen Rollen spielt und realisiert.
Die Besetzung und die Führung der Darsteller verstärken diese Intention der Regie, da sie Schauspieler, gerade weil sie in ihrer Individualität gut gewählt sind, vor allem das Typische der jeweiligen Figur zum Ausdruck bringen dürfen und hervorheben. Die Dialoge und die Dialogführung intensivieren ebenfalls die Aussage des Films, weil sie das logische, psychologische, moralisch-ethische, politische Dilemma, das die Figuren formulieren, in den Text und Ausdruck "auf den Punkt" bringen. Und auch die Wahl der Örtlichkeiten, in denen die einzelnen Szenen spielen, unterstreicht die Zielsetzungen des Films: immer wieder versetzt der Film die Gestalten, in deren Handeln und Reden er seine Thematik veranschaulicht, während einer Szene an andere, schon vertraute Handlungsplätze, sodass auch auf diese Weise eine Allgemeingültigkeit anschaulich wird, die die Relevanz ihrer Aussagen nicht aus dem " Hier und Jetzt" eines Geschehens ableitet, sondern ( wie sich am Schluss des Films beim Wiederaufgreifen seines Anfangs zeigt ) von Raum und Zeit unabhängig ist.
Gerade hinsichtlich seiner Zeitperspektive oder, wenn man so will, seiner Zeitgebundenheit muss bei diesem Film bemerkt werden, dass er - in Übereinstimmung mit , wenn auch vielleicht nicht in Anlehnung an Jean Cocteau - in der "Rahmenhandlung" des Todesspringers die "Realzeit" der Handlung auf fast "einen Augenblick" verkürzt, auf einen Augenblick, der ( im Abspiel der Bach'schen Musik und in der, in der Filmhandlung dann wieder begegnenden, ständigen Wiederholung einer "hängengebliebenen" Grammophon-Rille) sehr wohl Dauer besitzt und dennoch keine Zeit in Anspruch nimmt, dadurch die gesamte Handlung aber auf dieses " Moment" der Gleichzeitigkeit zu versammeln scheint.
In dieser Angabe einer Zeitspanne und in der rondo-artigen Verschränkung von Anfang und Schluss zeigt sich der artifizielle Charakter des Films, der, wie dargelegt, in den Örtlichkeiten, aber auch in den Texten und Begegnungen der Personen derartig ausgeklügelte Bedeutungszusammenhänge vergegenwärtigt. Hier allerdings setzt auch die Frage nach dem Manierismus des Films ein, die unter dem Aspekt der von ihm gelegentlich sehr betonten politischen Aktualisierungen zu Einwänden gegen das höchste Prädikat Anlass gab: wenn in diesem Film nur die vermeintlich neue Frage nach der Todesverfallenheit des Atomzeitalters und der sinnlosen Abschreckungsstrategie artikuliert werden soll, so muss jedenfalls im Blick auf deren permanente Aktualität und Brisanz die artifizielle Eigenart als möglicherweise unangemessene Sublimierung und Entaktualisierung hinterfragt werden.