Der Sprinter

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Der Hauptausschuß hat einstimmig die Erteilung des höchsten Prädikats abgelehnt.

Er hat das Gutachten des Bewertungsausschusses und die Widerspruchsbegründung zur Kenntnis genommen.
Ein eindrucksvoller, dokumentarisch achtbar und sauber gemachter Film, menschlich zudem durchaus bewegend. Wie ein Blinder sich fühlt - und nun ein blinder Sprinter gar -, das kann ein Sehender schlecht imaginieren. Um so gefesselter vernimmt man, was der "Held" dieses Films im Off erläutert: Er schildert seinen Zustand als so schwierig darstellbar und erklärlich, "wie wenn man einem Mann erklären sollte, wie es ist, schwanger zu sein". Mit anderen Worten, der Mann vermag seine Situation zu reflektieren - und genau in diesem Maße weckt er weitere Erwartungen beim Zuschauer, Erwartungen, die nun allerdings enttäuscht werden.

In der Tat bleibt der Film, wie bereits der Bewertungsausschuß moniert hat, einiges an Erläuterungen, an Situationsbeschreibungen schuldig, da er unsere Neugier doch erregt hat! Die Reduktion auf die Laufbilder und das Wettkampfgeschehen mag zwar in Ordnung sein, dennoch fühlt man sich, wenn man nichts über die weiteren Motivationen des Läufers erfährt, sonderbar unbefriedigt und irgendwie leichterdings abgespeist. Der Vorwurf allzu großer Dürftigkeit ist dadurch nicht zu entkräften, daß man vorgibt, man habe diese Dürftigkeit absichtlich angestrebt. Dafür ist die soziale/menschliche Problematik des Blindendaseins denn doch zu seriös. Sie weckt Empathie, Mitgefühl, Neugier - wenn diese Neugier allzu sehr enttäuscht wird, bleibt ein Ärger zurück, der den Film qualitativ niedriger einstuft, als er aufgrund seiner handwerklichen Präsentation sonst einzustufen wäre.

Im Entwurf gezeichnet:
Skasa-Weiß
(Ruprecht Skasa-Weiß)
stellv. Vorsitzender

Als Beisitzer haben an der Begutachtung mitgewirkt:

Michaela von Andrényi
Viktoria von Flemming
Udo Klein
Florian Stiglhofer