Der Schrei - Eine ganz alltägliche Geschichte

FBW-Pressetext

Dieser realistische und facettenreiche Kurzfilm zum Thema Kindesmissbrauch wird als Aufklärungsmaterial von der Stiftung Hänsel und Gretel eingesetzt. Er nimmt sich viel Zeit um auf die Umstände und die Risse in einer nicht ganz so heilen Familienwelt einzugehen. Authentisch werden erste Übergriffe durch den Vater skizziert, bis hin zur Tat unter Alkoholeinfluss und des ärztlichen Eingreifens im Krankenhaus. Dem Regisseur gelingt es, das komplexe und schwere Thema mit einem gut aufgebauten Drehbuch und darstellerisch überzeugender Leistung adäquat umzusetzen, ohne dabei oberflächlich oder reißerisch zu sein. So entsteht eine sehr lobenswerte Diskussionsgrundlage, die nicht nur zur Prävention ihren Teil beizutragen hat. Ein wichtiges Plädoyer für mehr Initiative und Verständnis.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Kurzfilm
Gattung:Kurzfilm
Regie:Carsten Degenhardt
Darsteller:Rainer Haustein; Marisa Burger; Joan Ruggaber; Timothy Peach; u.a.
Drehbuch:Carsten Degenhardt
Kamera:Nicolas Hüther
Schnitt:Alexander Scholz
Musik:Michael Ehninger
Webseite:derschrei-film.de;
Länge:38 Minuten
Produktion: BlanckeDegenhardtSchütz Filmproduktion GmbH
FSK:16

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Das Ausschuss würdigt, dass sich dieser Film einer sehr schwierigen Problematik annimmt und versucht, die damit verbundenen leidvollen Dimensionen differenziert auszuleuchten. Mehrere Jurymitglieder zeigten sich stark betroffen von dem dargestellten Leid des Opfers. Die Entscheidung, sich auf die Auswirkungen der Vergewaltigung für das Opfer und für die nicht schuldigen, aber sich mitschuldig fühlenden Familienangehörigen zu konzentrieren, wurde von der Jury lobend anerkannt.

Die pathologische Störung, die offenbar bei dem Täter vorliegen muss, war im Film nicht näher untersucht worden. Zwar wäre es hilfreich, wenn in einem Film zu dieser Problematik auch das abartige Handeln des Täters erklärt worden wäre - ohne es dabei zu entschuldigen – aber die dramaturgische Beschränkung ist in dem Kurzfilm durchaus sinnvoll.

Filmästhetisch gelungen ist die Darstellung der Verzweiflung aller Beteiligten nach der Tat. Gewürdigt wurde auch, dass das perverse Geschehen nicht direkt mit Bildern gezeigt wurde. Stattdessen gelang es, über Geräusche und Wortfetzen sowie durch die stumme Zeugenschaft der Spielzeuge dem Zuschauer Möglichkeit zu geben, sich das schreckliche Ereignis selbst fiktional auszumalen. Bedrohlich wirkt, dass kein Indiz darauf hindeutet, dass eine Gefahr für den kleinen Kevin besteht, denn der Vater verhält sich in den einführenden Szenen vollkommen normal. Wie es zu derartigen Verfehlungen kommen kann, bleibt rätselhaft.

Die soziale Verortung des Falls machte deutlich, dass es sich nicht um ein Problem von prekären Milieus am Rande der Gesellschaft handelt, sondern dass derartige Vorkommnisse auch in „gut bürgerlichen“ und scheinbar intakten Familien auftreten.

Um zu verdeutlichen, dass solche Taten sowohl im nüchternen Zustand als auch unter Alkoholeinfluss stattfinden, sind beide Varianten durchgespielt worden. Letzter ist dann graduell gesteigert und plakativ inszeniert. Ein gelungener Beitrag zu einem brisantem Thema.