Der Kopf der Katze
FBW-Pressetext
Es sind einige Lektionen, die die 7-jährige Tochter lernen muss, bevor sie ihr Ziel erreichen kann. Doch durch die strenge Hand der Mutter gewinnt die Tochter immer mehr Wissen dazu. Von allem Materiellen muss sie sich trennen, sie lernt Auto fahren, schießen, erhält jeden Tag Unterricht, wird von einem Instinktmenschen zu einer kleinen „Spezialistin“, wie die Mutter es so schön formuliert. Doch mit jeder Lektion begreift die Tochter ein wenig mehr die Welt um sich herum. Und dann, eines Tages, entscheidet sie sich dafür, ihr Wissen ganz praktisch anzuwenden. Schon mit den ersten Bildern erschafft DER KOPF DER KATZE in der Regie von Harriet Maria Meining und Peter Meining eine subtile gespenstische Stimmung. Farbe, Licht und Schatten sowie die basslastige, gezielt eingesetzte Musik entsprechen einer genauen Genrevorgabe von Horror- und Sci-Fi-Filmen und erwecken Bilder im Kopf, die sich perfekt mit den minutiös gebauten Kamerabildern ergänzen. Die Handlung vermittelt sich durch die reduzierten Dialoge nur nebulös, dafür ist die beeindruckende Darstellerinnenleistung von Rosa Henriette Löwe als Tochter und Petra Schmidt-Schaller als Mutter umso genauer. DER KOPF DER KATZE ist eine surreale, faszinierende Dystopie, die trotz ihrer erzählerischen Offenheit nie den inszenatorischen Fokus verliert. Exzellentes Kurzfilmkino.Filminfos
Gattung: | Drama; Kurzfilm |
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Regie: | Harriet Maria Meining; Peter Meining |
Darsteller: | Rosa Henriette Löwe; Petra Schmidt-Schaller; Oskar Brandt |
Drehbuch: | Harriet Maria Meining; Peter Meining |
Kamera: | Rebecca Meining |
Schnitt: | Rebecca Meining |
Länge: | 29 Minuten |
Produktion: | 42film GmbH, mauserfilm GbR; |
Förderer: | MDM; Kulturstiftung Sachsen; Sächsische Landesmedienanstalt |
Jury-Begründung
An ihrem 7. Geburtstag ist Schluss mit Märchen und Spielsachen. Auf Geheiß der Mutter, mit der sie in einem abgeschiedenen Haus im Wald lebt, muss das Mädchen den „Raum der Emotionen“ verlassen und das rationale Denken lernen. Dafür hat die Mutter eine endlose Zahl von Lektionen vorbereitet. Gleich in der ersten muss die Tochter lernen zu verzichten. Damit beginnt ein ganz neuer Lebensabschnitt, in dem sie trainieren, arbeiten, alles lernen muss: Schießen und Dauerlauf, Biologie und Physik, Garten- und Hausarbeit, Holz sägen und Auto fahren. Außerdem erfährt sie alles über Planeten und Pilze. Die Tochter ist lernwillig, und die Mutter macht ihr ein Geschenk: einen „Hund“, der von nun an alle niedrigen Arbeiten übernehmen muss. Aber da hat die Tochter längst beschlossen, das Gelernte ganz praktisch anzuwenden.Untermalt von unheimlicher Musik mit eingestreuten Störgeräuschen überfliegt die Kamera ein im Wald gelegenes Anwesen, vermisst und scannt einzelne Elemente – und wird abgeschossen. War es eine Überwachungskamera, waren es Außerirdische, drohte Gefahr? Gleich die Eingangssequenz vermittelt mit den entsprechenden Genre-Elementen von Horror- und Sci-Fi-Filmen jene Rätselhaftigkeit und Verunsicherung, die die Zuschauenden in den Bann ziehen und nicht mehr loslassen. Die Geschichte ist sehr clever und reduziert erzählt und wird getragen von den beeindruckenden Leistungen der Darstellerinnen Rosa Henriette Löwe als Tochter und Petra Schmidt-Schaller als Mutter, die minimalistisch und subtil agieren. Es gibt kein Wort zu viel und keine überflüssige Geste. Die Handlung wird in knappen Dialogen vermittelt und ist gegliedert durch die strengen Lektionen der Mutter. Uniformartige Kostüme, sparsame Dekors und entsättigte Farben lassen die Kälte und Absurdität der Situation spürbar werden.
Die zielsichere Indoktrination und der totale Mangel an Emotionalität nähren die Vermutung, dass Mutter und Tochter eventuell von einem fremden Planeten stammen und sich nur vorübergehend zum Zweck der Ausbildung und Fortpflanzung auf der Erde aufhalten könnten. Oder ist es ganz einfach so, dass das wahre Grauen in der Familie liegt, wo Kinder aufgrund der Ideologien oder Neurosen ihrer Eltern in ihrer Entwicklung gehindert werden? Der Verzicht auf das Materielle wird auch heute propagiert, und man assoziiert evangelikalen Sekten, die Prepper-Szene oder die Identitären Bewegung. Der Film gibt keine eindeutige Erklärung, verliert aber trotz der erzählerischen Offenheit nie den inszenatorischen Fokus und hält die Spannung hoch. So ist DER KOPF DER KATZE eine surreale, faszinierende Dystopie, die die Zuschauenden erschaudern lässt.