Der Junge im gestreiften Pyjama
FBW-Pressetext
Diese großartige Bestsellerverfilmung des Iren John Boyne erzählt die anrührende Geschichte des 8jährigen Bruno, Sohn eines SS-Offiziers, der sich mit einem jüdischen Jungen hinter einem Stacheldrahtzaun anfreundet. Die filmische Inszenierung bewegt sich wie die literarische Vorlage im Rahmen einer dichten Fabel um aufrichtige Freundschaft und bedingungslose Zuneigung. Durch die kunstvolle Kontrastierung der unschuldigen Kinderwelt mit der kühlen rationalen Erwachsenenwelt werden die Schrecken und die Perfidität des Nazi-Regimes auch ohne drastische Bilder spürbar. So entsteht der wahre Schrecken im Gehirn des Betrachters. Intensiv und von großer Eindringlichkeit das Spiel der Darsteller. Mark Herman schafft mit der Inszenierung dieser zutiefst berührenden Geschichte vor allem für jüngere Generationen neue Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit dem Thema Holocaust. Ein wichtiger und lobenswerter filmischer Beitrag wider das Vergessen – einfühlsam, bewegend und spannend anzusehen!Filminfos
Gattung: | Drama; Spielfilm; Kriegsfilm |
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Regie: | Mark Herman |
Darsteller: | Laszlo Aron; Amber Beattle; Asa Butterfield; Attila Egyed |
Drehbuch: | Mark Herman |
Weblinks: | ; filmsortiment.de; |
Länge: | 94 Minuten |
Kinostart: | 07.05.2009 |
VÖ-Datum: | 24.09.2009 |
Verleih: | Walt Disney |
Produktion: | Miramax Films Corp., Heyday Productions |
FSK: | 12 |
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Jury-Begründung
Die literarische Vorlage, der Roman des Iren John Boyne, ist das Pfund, mit dem die Autoren des Films wuchern können, an dem sie sich aber auch messen lassen müssen. Es ist das große Verdienst der Macher dieses Films, die Visualisierung der schwer zu transponierenden Vorlage zu wagen, nicht nur wegen der Holocaust-Thematik, sondern auch wegen der ungewöhnlichen Sicht aus der Perspektive eines kleinen Jungen. Ein Leser kann den Einblick in ein historisches Geschehen nach dem Maße des Erlebten oder des Übermittelten, aber auch nach dem Maß des persönlich Erträglichen autonom bebildern, der Film aber konfrontiert den Zuschauer mit Bildern, die nicht individuell korrigierbar sind. Einen Weg gefunden zu haben, der dem Zuschauer die Verarbeitung trotz der Härte der Thematik möglich macht, ist eine nicht hoch genug zu schätzende Leistung.Es kommt nicht häufig vor, dass über die bekannten Erzählebenen zum Thema Holocaust-Verantwortung von den „Wissenden, die nichts sagen“ und den „Ahnenden, die nichts wissen wollen“ eine dritte dominiert. Es sind die „Nichtwissenden“, die am innigsten ausgelotet werden, die beiden Kinder diesseits und jenseits des Lagerzauns. Dass diese Ebene überzeugend und in höchstem Maße anrührend visualisiert werden konnte, ist zunächst der Wahl der wunderbaren Darsteller des Bruno und des Shmuel zu verdanken, aber, im Verlauf der Handlung immer deutlicher werdend, auch der Inszenierung selber, die nicht auf eine historisch getreue, naturalistische Wiedergabe von Lokalitäten und Situationen setzt, sondern auf die erschütternde Wirkung, die aus der arglosen Sicht der nicht wissenden Kinder erwächst.
Aber auch der Beleuchtung der Rolle der Eltern im Genozid und ihrem sich daraus ergebenden Verhältnis zu den Kindern widmet der Film seine Aufmerksamkeit. Dass Shmuel, Sohn eines Lagerinsassen, über den Zweck des Konzentrationslagers und die wahren Vorgänge nicht aufgeklärt wurde, war eine Schutzmaßnahme seines ihn schon bald nicht mehr schützen könnenden Vaters. Dass Bruno, Sohn des Lagerleiters, ein Unwissender ist, entspringt in erster Linie den uneingestandenen, verdrängten Schuldgefühlen des Vaters. Wie auch sollte man der Unschuld den Genozid plausibel machen? So nimmt denn die unselige Entwicklung der pubertierenden Tochter zu einer naiven Nazi-Ideologin ihren Lauf – sowie Brunos Gang in den Tod.
Krönend lassen Kamera und Montage, insbesondere durch den Einsatz der Gitter als symbolisierende Blickachsen in die „Welt der Täter“, ein metaphorisches Panorama von der Ghettoisierung der Freiheit des Denkens und Handelns durch die Macht entstehen.
Die Diskussion des Gremiums, ob die in der Darstellungsweise auszumachende „Mainstreamisierung die filmische Aussagekraft mindern könne, wurde dahingehend beantwortet und mit dem Prädikat besonders wertvoll unterstrichen, dass der Wert des Films nicht gemindert, sondern auf diese Weise unter Umständen ein jüngeres, nicht involviertes und mit den historischen Vorgängen auch nicht mehr ganz so vertrautes Publikum gewonnen wird.