Der Brutalist

Kinostart: 30.01.25
2024
Filmplakat: Der Brutalist

FBW-Pressetext

Mit DER BRUTALIST gelingt dem Regisseur Brady Corbet ein epochales filmisches Meisterwerk, das seine Themen tiefgründig, komplex und mit entfesselter Wucht verhandelt.

Als sich für László die Türen auf Ellis‘ Island öffnen und den Blick auf die Freiheitsstatue freigeben, beginnt für den Mann, der vor dem Zweiten Weltkrieg ein gefeierter Architekt in Budapest war, ein neues Leben. Ein Leben nach dem KZ Buchenwald, ein Leben, das er zunächst ohne seine geliebte Frau Erszébet führen muss, die den Holocaust ebenfalls überlebt hat und nun versucht, zu László nach Amerika zu kommen. Als der reiche Industrielle Harrison Van Buren Laszlo den Vorschlag unterbreitet, ein Gemeindezentrum in Pennsylvania zu bauen, fühlt sich László geehrt und herausgefordert. Doch das Projekt, das für den visionären Architekten Erfüllung bedeuten sollte, erweist sich schnell als neuer Prüfstein in László Leben. Durch den er alles verlieren könnte, was ihm etwas bedeutet.

Mit DER BRUTALIST verhandeln Regisseur Brady Corbet und seine Co-Autorin Mona Fastvold große Themen in einem monumentalen Setting. Die Zuschauenden begleiten den Protagonisten László (phänomenal und mit körperlicher Hingabe gespielt von Adrien Brody) auf seiner Reise in eine neue hoffnungsvolle Zukunft, die jedoch schon bald von den Erlebnissen in der Vergangenheit beschwert wird. Wie ein Besessener, ein Getriebener wirkt László , der sich immer mehr auch von seiner Frau (gekonnt chargierend zwischen Verletzlichkeit und antrainierter Härte: Felicity Jones) zurückzieht und sich in den Wahn seines Bauwerks hineinsteigert. Dabei wird sich László bewusst, dass er in seiner neuen „Heimat“ nie wirklich zuhause sein wird. Und dass die Menschen, mit denen er zu tun hat, ihn immer ihre Macht und Kontrolle über ihn spüren lassen werden. Die eindrucksvolle Kamera von Lol Crawley fängt die düsteren Szenerien und die Kälte und Größe des monumentalen Bauwerks, das gleichzeitig ein Gefühl von klaustrophobischer Enge erzeugt, gekonnt ein, kongenial untermalt von einem intensiven Score von Daniel Blumberg und der farbentsättigten, lichtarmen Bildgestaltung. Wie ein Spiegel für die nach außen getragene Gefühlskälte der Protagonisten wirkt der Beton, der zu gigantischen Höhen emporgehoben wird. Dabei schlummert in jeder einzelnen Figur ein innerer Kampf, der dafür sorgt, dass der Film trotz seiner Laufzeit von 215 Minuten eine konstante Spannung hält. Das persönliche und berührende Drama von László und Erszébet steht dabei pars pro toto für so viele Schicksale von Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg alles verloren hatten – und in einem Land der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten ein neues Leben beginnen wollten. Doch empfangen wurden sie nicht immer mit offenen Armen, sondern auch von Ressentiments und einer gönnerhaften Überheblichkeit, hier verkörpert von der Unternehmerfamilie Van Buren. All diese Aspekte machen aus DER BRUTALIST nicht nur ein epochales, visuell packendes Drama, sondern auch eine kluge filmische Reflexion über ein Stück amerikanischer Geschichte.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Brady Corbet
Darsteller:Adrien Brody; Felicity Jones; Guy Pearce; Joe Alwyn; Raffey Cassidy; Stacy Martin; Alessandro Nivola; Isaach De Bankolé; u.a.
Drehbuch:Brady Corbet; Mona Fastvold
Kamera:Lol Crawley
Schnitt:David Jancsó
Musik:Daniel Blumberg
Webseite:upig.de;
Länge:215 Minuten
Kinostart:30.01.2025
Verleih:Universal
Produktion: Brookstreet Pictures, Andrew Lauren Productions; Intake Films; Lipsync Productions; Madants; Proton Cinema; Richmond Pictures; Yellow Bear Films;

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Kann man heutzutage einen Monumentalfilm für knapp 10 Millionen Dollars machen? Brady Corbet ist dieses Kunststück mit DER BRUTALIST gelungen, denn sein Film hat die epische Breite, die Optik, die emotionale Tiefe und ja, auch die Länge von großen Kinoerzählungen. In ihm werden Themen wie Kunst gegen Kapitalismus, Immigration und Antisemitismus, Geschlechterkampf und Architekturgeschichte verhandelt und all das wird so meisterhaft in die Erzählung des Films eingearbeitet, dass er nie überladen oder prätentiös wirkt. Sein Held, der ungarisch-jüdische Architekt László Toth, kommt, nachdem er den Holocaust in Europa überlebt hat, in die USA, und für ihn gibt es dort schnell ein abruptes Erwachen aus dem amerikanischen Traum, denn sein großes künstlerisches Talent wird weder gebraucht noch geschätzt. Das ändert sich zwar, nachdem ein erfolgreicher Industrieller in Pennsylvania ihn entdeckt und ihm den Auftrag gibt, einen großen, repräsentativen und modernen Gebäudekomplex zu entwerfen und zu bauen. Aber László Toth begibt sich durch die Zusammenarbeit mit seinem Auftraggeber in Abhängigkeiten, die ihn in eine existentielle Krise stürzen. Corbet gelingt es, spannend und faszinierend von Architektur zu erzählen, und er tut dies mit oft erstaunlich minimalistischen, dafür aber umso wirkungsvolleren Mitteln. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Musik von Daniel Blumberg, dem es virtuos gelingt, Räume zu dramatisieren und die Kamera von Lol Crawley, die durch das Format Vista Vision diese Räume groß und tief wirken lässt. Adrien Brody gelingt es in der Rolle von László Toth, die Verletzungen, aber auch die Sturheit und das Selbstbewusstsein eines großen Künstlers zu vermitteln und Guy Pearce ist ihm als sein snobistischer, egomanischer und brutaler Antagonist mit dem passenden Namen Harrison Lee van Buren ebenbürtig. Doch in den wenigen Szenen, in denen sie glänzen kann, droht Felicity Jones in der Rolle von Toths Ehefrau Erzsébet die beiden an die Wand zu spielen. Besonders in einer Dinner-Szene ist sie offensichtlich die klügste Person und stärkste Persönlichkeit im Raum. In DER BRUTALIST erzählt Corbet von einem Menschen, der die Zukunft entwirft und baut, aber zugleich den Verletzungen in seiner Vergangenheit nicht entkommen kann. Dass das Sinnbild dessen ein brutalistischer Betonbau ist, zeigt, wie raffiniert und einfallsreich Corbet die Welt seines Films gebaut hat.