Den Teufel am Hintern geküßt
Kurzbeschreibung
Porträt, Arbeitsweise und Karriere des "Gebrauchsmusikers" Norbert Schultze, der dank der Ausschaltung jüdischer Komponisten in den 30er und 40er Jahren populär wurde und bis heute anerkannt und gefragt ist.Filminfos
Gattung: | Dokumentarfilm; Biopic |
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Regie: | Arpad Bondy |
Drehbuch: | Margit Knapp |
Kamera: | Norbert Bunge |
Schnitt: | Arpad Bondy |
Musik: | Norbert Schultze |
Länge: | 93 Minuten |
Kinostart: | 12.05.1994 |
Verleih: | Basis Filmverleih |
Produktion: | Bondy, Arpad, Filmproduktion, Berlin |
Jury-Begründung
Der 82jährige Komponist Norbert Schultze ("Lili Marleen") berichtet in diesem Film als Zeitzeuge über seine Karriere vor und nach 1945. Der Ausschuss schätzte die geradezu vorbildliche Balance, mit der der Film einerseits den alten Herrn, der so fesselnd und rückhaltslos redet, respektiert, andererseits durch einen zurückhaltenden Off-Kommentar das Nötigste dazu anmerkt.Wenn Schultze in Form einer lustigen Anekdote erzählt, wie es dazu kam, dass er mit Goebbels' Hilfe 1942 den den Einfall in die Sowjetunion flankierenden Marsch "Vorwärts nach Osten!" komponierte, und wenn er anschließend sich selbst folgendermaßen einschätzte: "Ich war nicht Nazi! Wir haben unsere Arbeit gemacht!" , dann widerspricht der Kommentar des Films nicht diametral, aber der Film selbst geht auf Distanz, indem dieses Statement wiederholt wird, etwa auf dem Monitor des Schneidetisches, und indem als durchgängige Struktur überhaupt die Arbeit des Bänderanlegens und des Montierens für eben diesen Film gezeigt wird. Den Ausschuss schien dies ein geradezu vorbildliches Verfahren, um einerseits den hohen Informationswert dieser einzigartigen Aussagen des Zeitzeugen zu erhalten, andererseits die Notwendigkeit der Verarbeitung bildhaft auszudrücken.
Die Attraktivität dieses Films besteht nach einhelliger Meinung des Ausschusses darin, dass das notwendige Urteil über die dokumentierten Aussagen nicht vorgeschrieben, sondern dem mündigen Zuschauer überlassen wird. Nach Ansicht des Ausschusses ging das Film-Konzept, auf die sonst übliche pädagogisierende Begleitung zu verzichten, voll auf. So sympathisch-offen und verblüffend locker der Zeitzeuge Norbert Schultze auch auf. So sympathisch-offen und verblüffend locker der Zeitzeuge Norbert Schultze auch redet und seine Märsche am Klavier demonstriert - durch die formale Struktur des Films (die Arbeit am Schneidetisch) werden auch die Grenzen des privilegierten Künstlers im Dritten Reich und die unbewältigte Verantwortung des Propagandisten deutlich . Der Wahrheitsgehalt von "Den Teufel am Hinter geküsst" ist nach übereinstimmender Meinung des Ausschusses exemplarisch.