Das Treibhaus

1987

Kurzbeschreibung

Geschichte eines fiktiven Abgeordneten, der Anfang der 50er Jahre in der provisorischen Regierungsstadt Bonn die Anfänge der Bundesrepublik miterlebt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Regie:Peter Goedel
Darsteller:Christian Dörmer; Laila-Florentine Fréer; Jörg Hube
Drehbuch:Peter Goedel
Kamera:David Slama
Länge:102 Minuten
Verleih:Filmwelt Verleih
Produktion:
FSK:6

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

“Bonn ist voll von Geschichten“, sagt Wolfgang Koeppen am Ende der Rahmenhandlung, und die brisanteste dieses Schriftstellers wurde fast 3 ½ Jahrzehnten nach ihrer Entstehung verfilmt: “Das Treibhaus“. Wie aktuell dieser Roman geblieben ist bzw. das brisanteste politische Ereignis, das er schildert – Einführung der Wehrpflicht und ihre parlamentarische Behandlung – zeigt dieser dokumentarische Spielfilm, der sich als eine ebenso geschickte Collage wie souverän gestaltete Filmkunst erweist.
Mit der Heimkehr eines (fiktiven) deutsche Emigranten, der Bundestagsabgeordneter wird, beginnt es eher spröde. Christian Dörmer spielt mit absoluter Zurückhaltung , die sich wohltuend einprägt, diesem Politiker, und Rüdiger Vogler spricht mit leidenschaftsloser Nachhaltigkeit Koeppens anspruchsvollen und damit um so eindringlicheren Text. Wenn Spannung einsetzt, geschieht es vor allem mit literarischen Mitteln, kein Schauspieler wird für die Erzeugung von Dramatik benötigt. Lediglich der Nibelungen-Musik von Richard Wagner bleibt Pathos vorbehalten; die Mehrheit des Ausschusses versteht sie auch symbolhaft, auch ironisch, auch gleichsam zeitlos verbunden mit deutschem Schicksal, wie es sich früher in der Reichshauptstadt Berlin, seit Kriegsende im ehemaligen Provisorium Bonn am Rhein abspielt.
Dem Regisseur ist zu bescheinigen, dass ihm die künstlerische und technische Verzahnung der drei Ebenen Spiel, Dokumentation und Interview vollendet gelungen ist, nicht zuletzt, weil der Film in Schwarz-Weiß gedreht wurde. Die Bonner Gegenwart schiebt sich auf mehreren Farbebenen dazwischen. Die offenbar angestrebte zeitliche Distanzierung durch das Interview mit dem Dichter in der Rahmenhandlung hat das interessante Ergebnis, dass das Thema des Films nicht in historischer Ferne verschwindet, sondern, wie bereits ausgeführt, seine Aktualität als bis in die Gegenwart und vielleicht darüber hinaus relevant behält.