Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Einen „besonders wertvollen“ Film über einen Ort ohne jede Besonderheiten zu machen – dieses beachtliche Kunststück ist Eva Könnemann mit ihrem Kurzfilm DAS OFFENBARE GEHEIMNIS gelungen. Sie hat sich bewusst einen Ort ausgesucht, an dem so gut wie nichts passiert. Es gibt in Emmelsum keine Sehenswürdigkeiten, keine Kirche oder Kneipe, keinen Laden und keine Bushaltestelle. 300 Menschen wohnen dort und das niederrheinische Dorf ist so unbedeutend, dass noch nicht einmal genau bestimmt wurde, wo seine Ortsgrenze verläuft. Eva Könnemann hat sorgfältig gestaltete Bilder von der extremen Normalität dieses Ortes gemacht – von den Hecken, Fassaden, Straßenansichten. Sie macht sich nicht lustig über dieses kleinteilige Leben, sondern ist stattdessen neugierig darauf, was genau es ausmacht. Und nach und nach rücken auch Menschen ins Bild. Sie interviewt einen Metallsucher, der auf den Feldern nach Resten von Munition aus dem letzten Weltkrieg sucht, aber von den meisten ihrer Begegnungen berichtet sie, mit der Stimme von Katrin Resetarits, in ihrem Kommentar. In diesem schildert sie ihre Befindlichkeiten, versucht Erklärungsansätze etwa dafür zu finden, warum die Gärten des Dorfes mit einer geradezu fetischhaften Leidenschaft gepflegt werden. Und sie erzählt, wie sich das Dorf langsam ihr gegenüber öffnet. So beobachten die Bewohner sie zuerst mit Argwohn und der gleichen Intensität wie sie selbst das Dorf beobachtet hat. Doch letztendlich wird sie sogar zum Schützenfest eingeladen, denn nun gehört sie ja dazu. DAS OFFENBARE GEHEIMNIS ist ein fein- und tiefsinniges Filmessay geworden, das mit seiner konsequente Bildergestaltung überzeugt, aber auch mit dem ironisch, klugen, und manchmal überraschend persönlichen Kommentar erstaunlich unterhaltsam geraten ist. Und nun ist Emmelsum alleine schon deshalb ein besonderer Ort, weil dort dieser bemerkenswerte Film gedreht wurde.