Das Einhorn mit der Schneehose rannte plötzlich los

Filmplakat: Das Einhorn mit der Schneehose rannte plötzlich los

FBW-Pressetext

Bei jemandem anrufen, etwas aufschreiben, durch die Natur streifen oder von einem Traum erzählen: Das alles sind ganz normale Dinge, die jedes Kind lernt, kann und gerne macht. Doch wie fühlen sich wohl all diese Tätigkeiten an, wenn man nichts sehen kann? Der Filmemacher Philipp Schaeffer, der an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert, hat drei blinde Kinder in ihrer Alltagswelt begleitet und lässt die Zuschauenden und Zuhörenden hineintreten in eine Welt, die Sehenden sonst entgeht. Denn die drei wunderbar ausgesuchten Protagonist:innen sind erfüllt von ihrer großen Fantasie, die sie gerne mit den Filmschaffenden teilen. Und während sie von der Kamera von Leon Hörtrich in wohl komponierten Bildern begleitet werden, spürt man die große Offenheit der Drei. Und man spürt ebenso in jeder Minute die kindliche Verspieltheit, die den Film zu einer idealen Reflektionsmöglichkeit gerade für andere Kinder macht. DAS EINHORN MIT DER SCHNEEHOSE RANNTE PLÖTZLICH LOS ist eine inklusiv-filmische Begegnung auf Augenhöhe, wie man sie sich nur wünschen kann.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Philipp Schaeffer
Kamera:Leon Hörtrich
Schnitt:Jan Wollenschläger
Musik:(Sounddesign) Frederic Hellmann
Webseite:filmakademie.de;
Länge:18 Minuten
Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg GmbH
Förderer:Filmakademie Baden-Württemberg

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Wie kann ein Film das Unvorstellbare sichtbar machen - die Situation von Menschen, die nichts sehen? Geht das überhaupt? Auf welche Weise wollen wir uns der Vorstellungswelt von Blinden nähern? Wie wäre das für uns selbst, wenn wir blind wären, wie könnten wir uns unsere Umgebung, die Welt, die uns umgibt überhaupt vorstellen?

In seinem genau beobachteten Kurzdokumentarfilm Das Einhorn mit der Schneehose rannte plötzlich los zeigt der Regisseur Philipp Schaeffer drei Kinder in ihrem, Alltag und bei ihren Spielen und verlangt dabei dem Vorstellungsvermögen seines Publikums einiges ab. Andererseits ist es aber auch der einfühlsamen Regie und der mobilen Handkamera (Leon Hoertrich), die sich stets auf Augenhöhe mit den Kindern bewegt, zu verdanken, dass man sich als Zuschauer:in zunehmend fasziniert auf die ganz alltäglichen Abenteuer des Lebens ohne Augenlicht einlässt. Wir folgen ihnen beim Kampf mit Telefon-Hotlines, sehen sie beim Spielen oder beim Erkunden der Umgebung, lauschen ihren Gesprächen beim Abendessen; ganz normale Situationen also, wie sie jeden Tag tausendfach im Leben von Kindern geschehen - und doch gibt es da diesen entscheidenden Unterschied. Der Film stellt aber genau diesen Unterschied nicht aus, sondern webt dies eher beiläufig ein. Und genau das macht seine Stärke aus.

Mittels geschickter Bildausschnitte rückt der Film die Kinder in den Mittelpunkt und schafft es zugleich, dass sie sich durch die Anwesenheit von Regie, Kamera und Ton nicht gestört fühlen, sondern ganz natürlich agieren. Auf diese Weise lässt der Film den Kindern Zeit und Raum für Entfaltung, für Einblicke in ihre eigene Welt, in der Fantasie und Vorstellungsvermögen eine zentrale Rolle spielen. Dazu offenbart er ein besonderes Verhältnis zu ihrer Umwelt, die sie selbst anders zu erfahren gelernt haben als durch den bloßen Augenschein.

Technisch verfügt der Film durchaus über Ecken und Kanten, die ihn zu keinem einfach zu konsumierenden Erlebnis machen - aber das, so die Ansicht der Jury, wäre der Thematik auch gar nicht angemessen. Im Verlauf des Films wechselt die Kameraarbeit deutlich wahrnehmbar von Nah- und Großaufnahmen zu distanzierteren Bildgrößen, der Blick weitet sich von der Fokussierung auf die jungen Protagonist:innen hin zur Einbettung in ihre Lebenswirklichkeit, ihre Umgebung, und damit auch hin zu ihrem sozialen Interagieren mit anderen Menschen.

Das Einhorn mit der Schneehose rannte plötzlich los sensibilisiert auf unaufdringliche Weise für die Lebenswelten und -wirklichkeiten von blinden Kindern und leistet somit einen wichtigen Beitrag dafür, die Welt mit anderen Augen sehen und erfahren zu lernen.



Die Jury der FBW entschied sich einstimmig mit 5:0 Stimmen für die Erteilung des Prädikats WERTVOLL.