Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
CITY PLAZA HOTEL ist ein Dokumentarfilm. Doch so sieht er nicht aus. Bildsprache und Montage folgen eindeutig der Tradition des Kunst- und Erzählkinos. So wird ein Alptraum der Protagonistin etwa mit einer in blauer Farbe verfremdeten Bildfolge illustriert, die aus einer Mischung von selbst gedrehten und Archivaufnahmen besteht. Im Off hört man dazu die Stimme der elfjährigen Zhenos, eines afghanischen Mädchens, das mit seiner Familie nach Griechenland geflüchtet ist. Für eine begrenzte Zeit haben sie zusammen im CITY PLAZA HOTEL Zuflucht gefunden. Dort lebt die Familie in sehr beengten Verhältnissen. Zhenos zieht sich am liebsten auf das Dach des Hotels zurück, wo sie träumen und auf dem Smartphone ihre Musik hören kann. Zhenos lebt in einer Zwischenwelt: zusammen mit ihrer Familie in einem Land und einem Hotel, wo sie nur zeitweise geduldet wird, aber auch als Kind, das merkt, dass es zur Frau wird, und dass sich ihr Körper verändert. Auch darüber spricht sie in erstaunlich reflektierten, zum Teil poetischen Sätzen, die deutlich machen, dass sie schneller erwachsen werden musste als andere Elfjährige. Die beiden Filmmacherinnen Anna Paula Hönig und Violeta Paus kommen der jungen Protagonistin sehr nah. Zum Teil in extremen Nahaufnahmen versuchen sie, das Lebensgefühl und die Erfahrungswelt des Mädchens zu vermitteln. Dabei mögen viele Situationen inszeniert sein. Wenn Zhenos „alleine“ auf dem Dach ist, ist zum Beispiel ja immer zumindest der Kameramann Boris Münger dabei. Doch obwohl der Film mit einem ambitionierten Formwillen komponiert ist, wirkt er extrem authentisch. Dies spricht für die einfühlsame und kreative Arbeitsweise der Filmemacher*innen und dafür, dass die Filmkunst bei ihnen nie zum Selbstzweck wird, sondern immer dazu dient, so intensiv und wahrhaftig wie möglich die Welt zu zeigen, in der Zhenos wie viele andere Flüchtlingskinder leben muss.