Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Ein älterer Mann in einem unauffälligen Anzug sitzt auf einem Stuhl und erzählt mit zunächst fast unbeweglichem Ausdruck von etwas, das in der Vergangenheit geschehen ist und offenbar als schwerer Schatten über ihm liegt. Es geht dabei offensichtlich um ein Straflager, in dem ganze Familien zu Tode kamen, denen man Verrat an ihrem Staat vorwarf. Schnell wird deutlich, obgleich dieser spartanisch strenge und stringente Film es nicht in Worte fasst, dass es sich um Nordkorea handelt und der kleine graue Mann auf dem Stuhl nicht allein Zeuge, sondern Mittäter war. In kurzen Spielszenen werden Momente eingeblendet, die zeigen, wie Eltern mit ihren kleinen Kindern unerbittlich von den grausamen Mühlen dieser Staatsjustiz zermalmt wurden. Und nur kurz spürt man in einer Szene dieser Confessio eines alternden Mannes das Aufblitzen von Entsetzen über die eigene Seelenlosigkeit. CAMP 22 ist nicht nur ein eindringliches, schnörkelloses Porträt eines Täters, der sich seiner Schuld stellen muss, sondern auch ein Blick in den Abgrund des Bösen. Und es ist beeindruckend, wie es dem Film gelingt, mit wenigen Szenen und vor allem durch die Konzentration der Kamera auf das Gesicht des Mannes, der da scheinbar regungslos von seiner Vergangenheit berichtet, im Betrachter Emotionen hervorzurufen.