Busy
FBW-Pressetext
Sabina Schmitt ist unglaublich beschäftigt. Auf dem einen Ohr redet sie in ihr Handy, auf dem Tisch klingelt das zweite Telefon und direkt daneben läuft der Laptop heiß. Frau Schmitt ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau in den besten Jahren, immer auf dem Sprung, immer mitten im Leben. Doch dann, eines Tages, trifft sie eine Erkenntnis, die kein Terminplaner der Welt organisieren kann. Felix von Seefranz zeigt uns in seinem Film die Welt einer Frau, die perfekt durchorganisiert ist und die sich keine Zeit zum Durchatmen nimmt. Stillstand bedeutet Zusammenbruch. Beides stellt der Jungregisseur mit Hilfe der überzeugenden Darstellerin der Sabine dar. Er zeigt uns eine oberflächliche Fassade, hinter der sich ein Abgrund der tiefen menschlichen Tragödie verbirgt. Jede einzelne Szene erlaubt eine doppelte Lesart, ist vielschichtig, außerdem handwerklich gut umgesetzt. Die Kamera und die intensive Lichtstimmung unterstützen das Spiel und schaffen so ein tragikomisches Stück um die Getriebenheit der Menschen, die für viele stehen kann.Filminfos
Gattung: | Kurzfilm |
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Regie: | Felix von Seefranz |
Darsteller: | Gudrun Gundelach; Katja Sieder; Tom Vogt; Nathalie Griffin |
Drehbuch: | Felix von Seefranz |
Kamera: | Til Maier |
Schnitt: | Frank Müller |
Musik: | Conrad Oleak |
Webseite: | augohr.de; |
Länge: | 16 Minuten |
Produktion: | aug&ohr medien Markus Kaatsch |
Jury-Begründung
Sie hantiert mit Handy und iPhone gleichzeitig, macht einen Termin nach dem anderen, lässt sich beim Hausarzt eine Impfpackung für ihre kommende Geschäftsreise nach Peking verpassen. Sabina Schmitt ist eine energische, gut gekleidete Frau über 60, die es gewohnt ist, Befehle zu erteilen und für die alles schnell gehen muss.Die Kamera folgt ihr durch den aufgeregten Tag. Der Schnitt und die Musik unterstützen das Tempo und die ausgestellte Bedeutung, die Sabina Schmitt ihrem Tun beimisst. Und der Zuschauer sieht ihr leicht amüsiert zu.
Bis zu dem Moment, wo ihre Fassade zusammenbricht: Der Chef eines Technologiehandels lässt sie abwimmeln, die Friseurin sagt ihr offen, dass sie auf so arrogante Kundinnen wie sie gern verzichtet kann. Plötzlich verlässt diese aufrechte Frau alle Energie, sie unterdrückt nur schwer ihre Tränen, muss sich beherrschen, das Gesicht wird alt und müde. Die Kamera/ der Regisseur scheut sich nicht, genau hinzusehen in dieses Gesicht. Und der Zuschauer erkennt, dass ihr Leben nur noch Schein ist, das Unternehmen, für das sie so viel Energie aufgebracht hat, längst vom Nachfolger geleitet wird. Jetzt werden die Einstellungen länger und die Kamera ruhiger. Sabina Schmitt ist im Ruhestand, ohne Aufgaben, ohne Kontakte. Auch die Einladung zu einer Feier ihres ehemaligen Arbeitgebers schlägt sie aus. Eine gut platzierte Episode, die ihre Verletztheit deutlich macht. Sie will keine „Almosen“, will nicht als ausrangierte Dekoration teilnehmen. Die Rettung kommt durch ihre aus dem Ausland zurückkehrende Enkelin. Der kann sie ihr unbestrittenes Know How, ihre Energie und ihr bisher sinnloses elektronisches Equipment für die Gründung „eines Geschäftes“ zur Verfügung stellen.
Regisseur Felix von Seefranz spricht ein wichtiges Thema an, das auf viele Menschen zukommt: Voller Energie und Ideen auf dem Abstellgleis zu landen, das lässt verzweifeln. Auch wenn man, wie in diesem Film, ausreichend Geld hat. Die Dramaturgie stimmt, der „turning point“ kommt überraschend. Als kleine Einschränkung vielleicht die Frage einiger Gremiumsmitglieder, ob es realistisch ist, auch vor sich selbst diese Täuschung (Anfangsszene mit Handy, iPhone und Laptop gleichzeitig) so konsequent durchzuspielen, oder ob es sehr „verdichtet nur für die Kamera“ war.
Kamera und Schnitt sind perfekt eingesetzt, die schauspielerische Leistung von Gudrun Gundelach ist unter der Regie von Felix von Seefranz sehr überzeugend und facettenreich. Auch die anderen Protagonisten sind gut besetzt. Alles in allem ein gelungener Kurzfilm.