Born in Evin

Kinostart: 17.10.19
2019
Filmplakat: Born in Evin

FBW-Pressetext

In ihrem bewegenden Dokumentarfilm begibt sich Maryam Zaree auf die Suche nach ihren eigenen Wurzeln. Als kleines Mädchen kam sie mit ihrer Mutter aus dem Iran nach Deutschland. Doch bis heute kann ihre Mutter über die schlimmen Ereignisse in der Heimat nicht sprechen.

Maryam Zaree kam als Kind mit ihrer Mutter nach Deutschland. Sie ging zur Schule, machte eine Ausbildung wurde Schauspielerin. Ihre Mutter wurde Therapeutin und engagiert sich bis heute politisch. Doch für beide gab es ein Leben vor Deutschland. Ein Leben im Iran. Dort musste Maryams Mutter damals Maryams Vater zurücklassen – im Gefängnis von Evin, wo Gegner des Regimes weggesperrt und gefoltert wurden. Über ihre eigene Vergangenheit im Iran weiß Maryam nur wenig. Denn ihre Mutter spricht nicht darüber. Alles, was Maryam weiß, ist, dass sie im Gefängnis geboren wurde. In ihrem Debüt als Regisseurin begibt sich die Schauspielerin Maryam Zaree auf die Spur ihrer eigenen Biografie. Sie will herausfinden, wie die Umstände für ihre Mutter waren, als Schwangere an einem solch schrecklichen Ort zu sein, getrennt vom Vater des Kindes, umgeben von Angst und Verzweiflung. Und da es für Maryams Mutter zu schmerzhaft ist, über dieses Trauma zu sprechen, spricht Maryam mit anderen Menschen. Mit Freundinnen der Mutter, mit Verwandten, mit jungen Frauen, die genau wie sie im Gefängnis geboren wurden. BORN IN EVIN ist ein berührender Film, der die persönliche Geschichte von Maryam Zaree dafür nutzt, um ein sehr großes Thema nachvollziehbar zu machen. Und obwohl der Film sehr persönlich ist, so greift er doch in seiner Thematik viel weiter. Er zeigt die Perspektive der „zweiten Generation“, der Töchter, die das Trauma ihrer Eltern miterleben mussten, aber nie darüber reden konnten. Er zeigt, was Menschen zurücklassen, wenn sie ihr Land verlassen, zeigt, warum sie flüchten müssen. Zaree ist gleichzeitig Erzählerin und Protagonistin und macht unmittelbar die ambivalenten Emotionen sichtbar, mit denen sie im Lauf des Films zu kämpfen hat. Dies verleiht dem Film zusätzliche Tiefe und Authentizität und dazu eine große Lebendigkeit. Immer wieder findet der Film wunderschöne symbolische Bilder für Zarees Suche nach den eigenen Wurzeln. Ein berührender, lebendiger und wahrhaftiger Film über die Suche einer jungen Frau nach der eigenen Geschichte.

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Maryam Zaree
Drehbuch:Maryam Zaree
Kamera:Siri Klug
Schnitt:Dieter Pichler
Musik:Rudolf Gottsberger
Länge:96 Minuten
Kinostart:17.10.2019
Verleih:Real Fiction
Produktion: Tondowski Films GbR Alexandre Tondowski, Golden Girls Film; ZDF;
Förderer:BKM; DFFF; KJDF; Österreichisches Filminstitut; Deutscher Filmförderfonds; HessenFilm und Medien

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Es gibt einen großen blinden Fleck im Leben von Maryam Zaree, und dies macht sie am Anfang ihres Films sehr anschaulich dadurch deutlich, dass sie für ein paar Sekunden nur Schwarzfilm zeigt. Die in Deutschland erfolgreiche Schauspielerin wurde 1983 in einem berüchtigten politischen Gefängnis im Iran geboren. Doch sie selber weiß kaum etwas darüber. Beide Eltern haben Haft und Folter überlebt und eine neue Heimat in Deutschland gefunden, doch das Thema ihrer Inhaftierung durch das Regime des Ayatollah Khomeini ist für sie Tabu. Maryam Zaree versucht, dieses Schweigen zu brechen, um zu erfahren, unter welchen Umständen sie geboren wurde und eine Zeitlang mit ihrer Mutter im Gefängnis gelebt hat. Von dieser Recherche erzählt sie in BORN IN EVIN – und der Film wird dabei selber zum Teil dieser Suche. Nachdem die Gespräche mit ihren Eltern nicht sie nicht weiterbringen, macht die Filmemacherin sich auf die Reise und spricht mit anderen Frauen, darunter auch solche, die ein ähnliches Schicksal wie ihre Mutter und sie erlitten haben. Dabei trifft sie eine ganze Reihe von starken, untereinander sehr solidarisch verbundenen Menschen, die aus dem Iran geflohen sind und eindrucksvoll von ihren Erfahrungen berichten. Maryam Zarees Zugang ist dabei sehr subjektiv. Sie ist ihre eigene Protagonistin, denn die Kamera folgt ihr bei den vielen Gesprächen, die sie führt. Im Off erzählt sie selber ihre Geschichte und sie zeigt auch private Filmaufnahmen wie etwa eine bewegende Videobotschaft, die ihr Vater aus der Fremde an seine noch kleine Tochter schickte. Maryam Zaree gelingt das Kunststück, in einem intimen Ton von sich und den Menschen, die sie trifft zu erzählen, ohne dass dies je wie eine Nabelschau wirkt. Dies liegt zum einen daran, dass sie uneitel und mit Humor erzählen kann und keine Furcht davor hat, dorthin zu gehen, wo es wehtut. Einmal ist sie so verzagt, dass sie kurz davor ist, ihr Filmprojekt aufzugeben. Ein Gespräch mit einer Soziologin in Paris, gibt ihr dann neuen Mut und auch diesen Wendepunkt zeigt Maryam Zaree in ihrem Film. Nicht nur in diesem Gespräch wird klar, aus welchen Gründen die damals Inhaftierten und Gefolterten ihren Kindern nichts über diese Zeit erzählen wollen und können. So erfährt Maryam Zaree im Laufe des Films etwas Existentielleres als die Details ihrer Geburt und ihrem Leben als Kleinkind im Gefängnis, nämlich wie diese traumatischen Erfahrungen sowohl ihre spätere Entwicklung, wie die ihrer Eltern geformt haben. Die Mechanismen des Verdrängens, aber auch des Bewältigens des Traumas werden hier ganz konkret deutlich gemacht, und in diesem Sinne erzählt sie eine exemplarische Geschichte, die weit über die Selbsttherapie hinausgeht, die der Film ja offensichtlich für sie auch ist. Und gerade weil sie so radikal privat erzählt, ist BORN IN EVIN ein wichtiger, politischer Film.