Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Zuerst hatte die Jury den Eindruck, der Ton des Films wäre entweder schlecht eingestellt oder aufgenommen. Denn sie verstand nur schwer, was da geredet wurde. Immerhin ist der Lärmpegel des Films sehr hoch. Doch bald war erkennbar, dass dies ein Stilmittel des Regisseurs Simon Maria Kubiena ist – eben das titelgebende „blaue Rauschen“. Wie der Protagonist werden auch wir zuerst dadurch verwirrt, dass wir nicht alles verstehen, was geredet wird. Und so sehen wir hier nicht nur, was der junge Handwerkslehrling Alex sieht, sondern wir hören auch so wie er hört. Für ihn herrscht Chaos, denn weder beruflich noch privat findet er sich in der Welt zurecht. Er redet nur wenig und wenn er sich ausdrückt, dann eher mit seinem Körper als mit der Sprache. Simon Maria Kubiena gelingt es eindrucksvoll, diesen Schwebezustand eines jungen Mannes in Szene zu setzen. Da ist die junge Arbeitskollegin, die offensichtlich an ihm interessiert ist, da ist der Vater, von dem er enttäuscht ist, weil ihm bei einem Essen die neue Freundin wichtiger ist als der Geburtstag seines Sohnes, und da ist der Ausbilder, der dem jungen Mann scheinbar die von ihm benötigte Nähe bieten kann. Doch auch die Körpersprache kann widersprüchlich sein und so entsteht eine Situation, in der Alex noch einmal enttäuscht wird. Doch dadurch kann er sich selber finden. All das wird in den gut 16 Minuten des Kurzfilms raffiniert und atmosphärisch reich erzählt. BLAUES RAUSCHEN ist ein Coming-of–Age-Film, der die „Lehrjahre des Gefühls“, die junge Menschen durchleben, ernst nimmt. Und er erzählt davon filmisch, also nicht mit den so bequemen Mitteln des Dialogs, sondern anspruchsvoller mit Stimmungen, Gesten und Blicken. Man merkt, dass Kubiena über das Schauspielen zum Filmemachen gekommen ist, denn es ist auch die sensible Führung der Darsteller, die BLAUES RAUSCHEN zu einer auf allen Ebenen überzeugenden Charakterstudie macht.