BETONgeflüster
FBW-Pressetext
Die Legende des Basilisken existiert seit mehreren Jahrhunderten. Der Blick dieser Kreatur, halb Schlange, halb Hahn, ließ alle Wesen, die ihn anblickten, erstarren oder sterben. Die Legende um den Basilisken hält sich hartnäckig, auch heute noch. Aber wie entstehen Legenden eigentlich, wie werden sie weitergegeben? Der Filmemacher Jannis Lenz verbindet für seinen essayistischen und experimentellen Kurzfilm die Legende des Basilisken mit einer kulturellen Strömung der 1920er Jahre, der „Cadavre Exquis“, einer im Surrealismus entwickelten spielerischen Methode, dem Zufall bei der Entstehung von Texten durch die Kommunikation der Menschen untereinander Raum zu geben. Wiederholt eingeblendete Nachrichten einer Chatgruppe offenbaren, wie sich Nachrichten vermitteln und wie über die Legende gesprochen wird. Dazu sieht man Impressionen der Stadt und Bildhinweise auf den Basilisken, z.B. Statuen, die wie versteinerte Lebewesen wirken, aber auch ganz normale Stadtimpressionen, die eigentlich nichts mit einer Legende zu tun haben – es sei denn, man baut sie in einen solchen Kontext ein. Geschickt spielt Lenz mit der Wahrnehmung der Zuschauenden und lässt genügend Raum für eigene Assoziationen, Gedanken und Kontextualisierung. Eine kluge filmische Reflexion auf Mythen- und Legendenbildung, mit einer ganz eigenen, feindosierten schaurigen Atmosphäre.Filminfos
Gattung: | Kurzfilm |
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Regie: | Jannis Lenz |
Darsteller: | Nancy Mensah-Offei; Anja Burghardt; Kamel Jirjawi; Olivia Hild; Akino Distelberger; Dolly Lewis Béla Baptiste; Hanna Berger |
Drehbuch: | Jannis Lenz |
Kamera: | Patrick Wally |
Schnitt: | Ygor Gama |
Musik: | Thomas Höhl |
Webseite: | refreshingfilms.com; |
Länge: | 12 Minuten |
Verleih: | Lemonade Films |
Produktion: | Ocean Pictures Filmproduktion Roland Fischer |
FSK: | 12 |
Förderer: | MFG Baden-Württemberg; FFA; BKM; Kulturbüro Konstanz |
Jury-Begründung
Der experimentelle Kurzfilm BETONGEFLÜSTER in der Regie von Jannis Lenz erforscht die ‚Basilisken-Legende‘ und setzt sich dabei spielerisch mit der Entstehung von urbanen Mythen auseinander. Der Basilisk selbst ist, so der Mysthos, ein sagenumwobenes Mischwesen, dessen bloßer Anblick vor Schreck zum Tode führen kann.Der Film erzählt die mittelalterliche Sage vom Tod einer Bäckersmagd in Angesicht des Basilisken in verrätselten, starken und oft poetischen Bildern. Kontrastiert wird das Ganze mit heutigen Straßenszenen. Ein sehr interessantes Moment stellt für die Jury die Sequenz auf der Brücke dar, als eine Frau dort die Geschichte in Gebärdensprache darbietet, ohne dass ihre Erzählung ‚übersetzt‘ oder untertitelt wird. Die Zuschauenden können sich lediglich auf das einlassen, was sie visuell erfassen – den Kontext müssen sie sich selbst schaffen. Für die Jury ein ergreifendes Momentum, weil wir, die Hörenden, nichts verstehen und plötzlich spüren, wie es im Regelfall gehörlosen Menschen ergeht.
Für die Jury ist BETONGEFLÜSTER ein anspruchsvoller Essay-Film, der zwischen Realität und Fantasie, zwischen Dokumentarischem und Fiktion, zwischen Spiel und scheinbarer Wirklichkeit changiert.
Vieles an dem Film hat die Jury beeindruckt: das atmosphärische Sounddesign, die Aufnahmen der Städte, das Sich-heran-Tasten an urbane Mythen, das Collagenhafte des Erzählflusses. Mit rhythmischen Unebenheiten hätte sich die Jury leichter anfreunden können, wenn das Konzept an sich deutlicher geworden wäre. So aber bleibt BETONGEFLÜSTER eine sehr inspirierte und inspirierende Sammlung von installationsartigen Szenen und Momenten mit sympathischen Ideen, deren Zusammenhang sich aber nicht vollständig erschließt.
Im Anschluss an eine wirklich spannende Diskussion und in Abwägung aller dargebrachten Argumente verleiht die Jury dem Film BETONGEFLÜSTER gerne das Prädikat WERTVOLL.